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Berlin: Michel Friedman fängt bei Wall neu an Unternehmer beruft ihn in den Aufsichtsrat der Stadtmöbel-Firma

Den Plan hatte er angeblich schon lange, und gefragt hatte er seinen Kandidaten bereits vor der Affäre. Der Plan war: Michel Friedman wird Mitglied des Aufsichtsrats der Wall AG.

Den Plan hatte er angeblich schon lange, und gefragt hatte er seinen Kandidaten bereits vor der Affäre. Der Plan war: Michel Friedman wird Mitglied des Aufsichtsrats der Wall AG. Die Idee hatte Hans Wall, der Gründer und Hauptaktionär des Unternehmens, das mit Werbeflächen an Toiletten und BVG-Wartehäuschen 86 Millionen Euro Jahresumsatz macht. Heute soll Friedman, der von Wall als Medien-Experte geschätzt wird, in den Aufsichtsrat berufen werden. Sein bisheriges Amt als Vizepräsident des Zentralrats der Juden hatte er nach seiner Kokain-Affäre zurückgegeben.

Wall kam 1983 aus dem baden-württembergischen Ettlingen nach Berlin, wo die BVG dem damaligen Nobody einen großen Auftrag für die Aufstellung von Wartehäuschen gab. „Dafür bin ich Berlin ewig dankbar“, sagt Wall. Bedankt hat er sich unter anderem mit 600 Arbeitsplätzen in der Berliner Firmenzentrale und dem Werk in Velten (Brandenburg). Dort haben seine Ingenieure auch die erste behindertengerechte City-Toilette mit schwenkbarer Toilettenschüssel entwickelt, auf die Wall ein weltweites Patent angemeldet hat. Ein „Berliner Exportschlager“, wie er sagt. Exportiert hat Wall seine Stadtmöbel – wie die Bus- und Klohäuschen, Papierkörbe, Parkbänke und Infosäulen im Fachjargon heißen – nach Moskau, Istanbul, Amsterdam, Boston, nach Italien, Polen und Ungarn. Sein Traum heißt New York: „Ein Café Achteck im Central Park“, das wär’s. Oder wenigstens ein City Pissoir, das neueste im Sortiment des Stadtmöblierers? Seit Juni steht es auf dem Breitscheidplatz. Der zuständige Baustadtrat sagte bei der Eröffnung, mit dem City-Pissoir halte die Moderne Einzug auf dem Breitscheidplatz. Das hat Wall hingekriegt. Dass die Menschen große Worte um Dinge machen, über die man früher keine Worte verlor. Oder, dass sie sich mit Sektglas vorm stillen Örtchen fotografieren lassen. Wall versteht jegliches Getue um seine Artikel nicht. Er hatte eine gute Idee, und aus der hat er Geld gemacht.

Die Idee war: Er baut und wartet BVG- Häuschen und City-Toiletten, dafür vermietet er die daran befindlichen Werbeflächen. Das Land Berlin wird an den Einnahmen beteiligt. Kritiker halten Wall trotzdem vor, er habe die Stadt über den Tisch gezogen. Wall ficht das nicht an. Dass es ihm ums Geld geht, kann man ohnehin kaum glauben: Der 61-Jährige hat sich in Berlin so oft ehrenamtlich engagiert, dass er 1999 das Bundesverdienstkreuz erhielt. Eine andere gute Tat wird im September Realität: Dann startet Thiemo K. bei Wall seine kaufmännische Ausbildung. K. war im Winter 2002 vor die U-Bahn geschubst worden und hatte dabei beide Unterschenkel verloren. ari

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