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Der Mietendeckel begünstigt Bewohner guter Wohnungen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Mietendeckel tritt in Kraft: Der Tesla-Manager profitiert, der Siemens-Arbeiter kaum

Führt der Berliner Mietendeckel zu mehr Gerechtigkeit? Nein. Er begünstigt vor allem die Wohlhabenden. Und das Gesetz hat handwerkliche Fehler. Ein Kommentar.

Was wurde nicht alles über Berlins Mietendeckel gesagt, geschrieben, ja herausgeschrien. Die Linke führt den Sozialismus auf dem Wohnungsmarkt ein. Diese Sabotage des Marktes werde Berlins Wohnungsbestand bröckeln und bröseln lassen, weil niemand mehr investiert.

In den Ruin treibe der Senat Grundeigentümer, weil gedeckelte Mieten nicht reichen, die Häuser abzuzahlen. Berliner würden um ihre Altersvorsorge gebracht. Der Deckel entwerte die Immobilien, zu deren Kauf der Staat die Bürger drängte, als er zuließ, dass die Rente nicht mehr zum Leben reicht. Also trage Berlins Gesetzesexperiment sogar zu Politikverdrossenheit bei.

Überspitzt ist das, überhitzt in eine Debatte geworfen, die polarisiert. Es geht um Verteilungsgerechtigkeit.

Wie vor hundert Jahren ist Berlin Ort der Sehnsucht. Der Lockruf dieser Stadt hat nach den Künstlern und Kreativen die Gründer und Visionäre erreicht. Das beflügelt die Fantasie auf den Kapitalmärkten, wo Wohnen eine Ware ist. Fantastische Preise zahlen Spekulanten. Das Geld wollen sie zurück von Mietern.

Berlin zerfiel in eine Klassengesellschaft

Fast ein Jahrzehnt lang lohnte der Immobilienhandel sehr, denn die Grenzen des Mietrechts, das Bundesrecht ist, waren locker. Das hat der Bevölkerung zugesetzt und Aktivisten mobilisiert.

Sogar die Enteignung erschien als Notwehr wieder wie eine Option. Berlin zerfiel in eine Klassengesellschaft, Mieter gegen Wohnungsbesitzer. Die einen sind dank sinkender Zinsen vermögender denn je, die anderen werden von stetig steigenden Mieten aus der Stadt gedrängt.

Weniger Menschen ziehen nach Berlin

Dieser Umverteilung hat der Bund zu lange zu wenig entgegengesetzt. Angela Merkels Wohnungsgipfel kam zu spät und bremste den Mietanstieg kaum.

Erst in diesem Jahr vermelden Statistiker, dass Berlins Mieten stagnieren – gegen den bundesweiten Trend. Weil weniger Menschen in die Stadt ziehen. Weil viele ins Umland ausweichen. Weil die Mieten zu teuer sind gemessen an den Einkommen.

Berliner Mietendeckel: Ungerecht und mit handwerklichen Fehlern

Der Mietendeckel stoppt alles. Verteilt er die Pfründe gerechter? Nein, denn in dem durchaus notwendigen Gesetz gibt es zu viele handwerkliche Fehler. Es ist nicht gerecht, wenn ab Sonntag der Tesla-Manager die gründerzeitliche Wohnung am Kurfürstendamm zum halben Preis bekommt. Mieter luxuriöser Wohnungen in City-Lagen profitieren am meisten von dem Gesetz, Siemens-Facharbeiter in Spandau weniger.

Sein Ziel verfehlt das Gesetz auch bei der Behebung des Übels, das es zu bekämpfen vorgibt: die Wohnungsnot. Die Mieten von Neubauten sind nicht gedeckelt. Dennoch berichten Bankvorstände über zahlreiche Stornierungen von Kreditanfragen.Umweltverbände befürchten, dass es dunkle Spuren in der Klimabilanz hinterlässt, wenn Modernisierungen erschwert werden.

Mehr Mieter werden kommen

Der Markt reagiert schon. Nach einer Studie der Deutschen Bank weichen Investoren aus und bauen künftig Eigentumswohnungen. Wer mit Job und gutem Einkommen in der boomenden Start-up-Branche nach Berlin kommt, wird auch künftig bedient. Oder er bedient sich selbst und bietet Bares für die mietgedeckelte Citywohnung.

Und wer weniger hat? Der muss im voll vermieteten Berlin mit mehr Menschen um eine Wohnung konkurrieren. Denn die billigen gedeckelten Mieten werden sich herumsprechen und den Zuzug abenteuerlustiger Geringverdiener wieder ankurbeln. Der hatte gerade erst nachgelassen – wegen des Marktes.

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