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Berlin: Mieterin wollte aus Wohnung nicht ausziehen - erschossen

BERLIN .Die Wohnung war ein Glücksgriff, doch die niedrige Miete kostete die 54jährige Buchhalterin offenbar das Leben.

BERLIN .Die Wohnung war ein Glücksgriff, doch die niedrige Miete kostete die 54jährige Buchhalterin offenbar das Leben.Weil sie ihr Domizil nicht freiwillig räumte, wurde Doris Kirche von Lohnkillern erschossen.Auftraggeber soll ein Immobilienmakler gewesen sein.Ab kommenden Dienstag müssen sich der 55jährige Makler und der mutmaßliche 30jährige Todesschütze vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Fünf Jahre lang stellte der Mord an der Angestellten Doris Kirche die Polizei vor ein Rätsel.Es gab kein Motiv und nur eine vage Beschreibung von dem Mann, der die Buchhalterin am 22.Februar 1993 in dem Büro der Firma "King Cars" am Tempelhofer Ufer mit einer Schrotflinte erschossen hatte.Obwohl mehr als 200 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen waren und insgesamt 100 000 Mark Belohnung - 10 000 Mark vom Polizeipräsidenten und 90 000 vom Arbeitgeber des Opfers - ausgesetzt worden waren, gelang es den Fahndern nicht, die Hintergründe der Tat aufzuhellen - bis Ende 1997 der entscheidende Hinweis aus dem Umfeld der mutmaßlichen Killer kam.

Doris Kirche bewohnte seit 1978 für nur 800 Mark eine 180 Quadratmeter große Fünf-Zimmer-Wohnung in der Nassauischen Straße in Wilmersdorf.1989 hatte die Wohnung für rund 400 000 Mark ein Zahnarzt gekauft, der erst nach Vertragsabschluß erkannte, daß er weder die Miete hochsetzen durfte, noch die Frau auf die Straße setzen konnte.Alle Angebote des neuen Eigentümers, der ihr neben einer Abfindung in Höhe von 50 000 Mark auch versprach, eine vergleichbare Bleibe zu ähnlichen Mietbedingungen zu besorgen, lehnte Doris Kirche ab.Nach Ansicht von Staatsanwalt Willi Wiedenberg war dies ihr Todesurteil.

Denn der Zahnarzt brauchte Geld für weitere Immobiliengeschäfte und wollte die Wohnung frei haben, um sie gewinnbringend weiterverkaufen zu können.Als die Versuche, Doris Kirche zum Auszug zu bewegen, scheiterten, versprach der angeklagte Immobilienmakler, das "Problem zu lösen" - angeblich für ein Entgelt von 20 000 Mark.Der Makler Eberhard H.soll nun den Mordauftrag an zwei Griechen erteilt und ihnen sogar die Tatwaffe geliefert haben.

Als der Todesschütze am 22.Februar 1993 gegen 16 Uhr im Büro am Tempelhofer Ufer auf Doris Kirche zielte, saß die Buchhalterin am Schreibtisch.Es war ihr erster Arbeitstag nach einem Urlaub auf den Galapagos-Inseln, den der Chef ihr zum 25.Dienstjubiläum spendiert hatte.Das Opfer starb noch am Tatort.Einer der beiden mutmaßlichen Mörder und der Immobilienmakler sitzen seit Juni vergangenen Jahres in Untersuchungshaft.Ihr mutmaßlicher Komplize hält sich seit mehreren Jahren in seiner Heimat auf; die Auslieferung ist beantragt.

Der Haftbefehl gegen den Wohnungsbesitzer wurde schnell wieder aufgehoben, da der Zahnarzt nach Ansicht des Staatsanwaltes nicht ahnen konnte, wie die Lösung des "Problems" aussehen sollte.Aber spätestens als seine Mieterin erschossen wurde, muß es ihm klargeworden sein.Er ging dennoch nicht zur Polizei, sondern vergab die auf blutige Art freigewordene Wohnung zu einem Vielfachen des bisherigen Mietzinses zunächst an einen Bordellbetreiber.Spezialität: Ganzkörpermassagen durch Thai-Mädchen.Allerdings mußte das Bordell relativ bald nach Protesten der Hausbewohner wieder schließen.Heute ist die Wohnung im zweiten Stock der Nassauischen Straße 36 erneut vermietet.

KATJA FÜCHSEL

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