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Milchproteste: Bauern demonstrieren vor dem Tor

Die Landwirte wollen am Donnerstag ihren Protest für höhere Milchpreise vor dem Brandenburger Tor fortsetzen. Inzwischen bedrohen die Aktionen die Existenz kleiner Betriebe. Doch niemand denkt ans Aufgeben.

Von Sandra Dassler

"Wir werden am Donnerstag mit unseren Traktoren Berlin lahmlegen", hieß es gestern um 15 Uhr beim brandenburgischen Landesbauernverband (LBV). Eine Stunde später kam die Entwarnung: Man werde zwar die vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) für heute angemeldete Kundgebung unterstützen, aber nicht mit schwerer Technik.

LBV-Sprecher Holger Brantsch entschuldigte sich: "Bei uns überschlagen sich die Nachrichten. Stündlich bekommen wir neue Informationen über geplante Aktionen." Außerdem, sagt Brantsch, lägen die Nerven bei Brandenburgs Milchbauern blank: "Die tagelangen Lieferstopps kosten die Landwirte viel Geld." Auch deshalb habe man die Blockade der Molkereien zunächst einmal abgebrochen: "Wir wollten nicht riskieren, dass da einer durchdreht."

Kleine Unternehmen sehen ihre Einnahmen gefährdet

Beim LBV und auch im Potsdamer Landwirtschaftsministerium riefen in den vergangenen Tagen immer mehr Milchbauern an, die ihre Existenz gefährdet sehen. Zwar seien alle der Meinung, dass die Proteste fortgesetzt werden müssen, sagt Sprecher Brantsch, aber vor allem kleine Familienunternehmen seien durch die Ausfälle ihrer Einnahmen gefährdet. "Viele müssen Kredite abzahlen, und eine Streikkasse gibt es ja bei uns nicht", sagt Brantsch. Deshalb habe man jetzt beim LBV ein Spendenkonto eingerichtet, auf das Landwirte, aber auch andere Menschen, die sich mit den Milchbauern solidarisieren wollen, Geld einzahlen können. Ein Sprecher des brandenburgischen Agrarministeriums begrüßte das: "Wir selbst können in einer solchen Situation keine Gelder zahlen", sagte er. "Wir können nur unseren Einfluss geltend machen, um eine Lösung zu beschleunigen."

Bis auf Karstädt im Landkreis Prignitz wurden inzwischen überall in Brandenburg die Blockaden der Molkereien aufgehoben. Die Betriebe würden die Produktion nur langsam nach oben fahren, hieß es gestern, auch weil der Lieferstopp ja bestehen bleibe. Ob die Molkereien deshalb versuchen, Milch im Ausland einzukaufen, war nicht zu erfahren. Nach Tagesspiegel-Informationen hatten am Freitag mecklenburgische Bauern fünf polnische Milchtankwagen hinter der Grenze angehalten. Nachdem sie die Fahrer über ihre Proteste informiert hatten, waren diese in ihre Heimat zurückgefahren.

Die Aktionen gehen weiter

Neben der heutigen Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin wollen die Bauern auch ihre anderen Aktionen fortsetzen. So kündigte die Oberhavel Bauernmarkt GmbH in Schmachtenhagen bei Oranienburg an, ab dem heutigen Donnerstag an jeden Kunden einen Liter Milch kostenlos abzugeben. Dies sei eine sinnvollere Fortsetzung des Protestes als das Ausschütten der Milch.

Bereits gestern waren havelländische Bauern mit Traktoren durch Berlin gefahren. Und ob bei der heute um 14 Uhr vor dem Brandenburger Tor beginnenden Großkundgebung nicht doch der eine oder andere Schlepper oder Milchtankzug auftaucht, ist keineswegs sicher. "Unsere Mitglieder haben sich da schon immer etwas einfallen lassen", sagte ein BDM-Sprecher.

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