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Mangelberuf Taxifahrer. Für die 190 konzessionierten Taxis in Potsdam stehen immer weniger Fahrer zur Verfügung – wegen des Mindestlohns haben viele Unternehmer die Stundenzahl ihrer Chauffeure reduziert.

© Andreas Klaer

Mindestlohn und Nachwuchsprobleme: In Potsdam fehlen Taxifahrer

Die Taxizentrale muss immer wieder Kunden abweisen – und das nicht nur nachts. So mancher Fahrgast ist bereits in die Pferdekutsche umgestiegen.

Wer in Potsdam ein Taxi ruft, der muss Geduld mitbringen: Wartezeiten zwischen 30 und 60 Minuten seien insbesondere in den Nachtstunden am Wochenende mittlerweile normal, sagt Detlef Baatz, Geschäftsführer der Taxigenossenschaft Potsdam e.G. Weil der Taxi-Zentrale schlicht die Taxi-Unternehmer fehlten, käme es jede Woche mehrfach vor, dass von Kunden gewünschte Touren nicht bedient werden könnten.

Betroffene machen ihrem Ärger auch in den sozialen Netzwerken Luft. Eine Potsdamerin schildert auf Facebook, wie sie für 2.30 Uhr ein Taxi rufen wollte: „Antwort: Es können nachts keine Stadtfahrten mehr vermittelt werden – bei Mindestlohn müsste man das verstehen. Wofür sind die verdammt noch mal da?“, schreibt die Frau, die viele zustimmende Kommentare erhielt. Andere erzählen von verpassten Zügen und Bussen, weil kein Taxi zum Bahnhof zu bekommen sei, offenbar sogar in den Nachmittagsstunden.

Ins Hotel mit der Pferdekutsche

Was Taxikunden ärgert, bereitet der Tourismus- und Veranstaltungsbranche, aber auch Wirtschaftsvertretern ernsthafte Sorgen. Filmparkchef Friedhelm Schatz spricht von einer „dramatisch schlechten Situation“ – viele Gäste seien nach Abendveranstaltungen in der Metropolishalle oder im Restaurant Eisenherz auf Taxis angewiesen, aber der Taxiruf ist fast aussichtslos geworden. „Und das fällt auf uns zurück!“ Besorgt ist man auch bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK): Wenn Dienstleistungen nicht wie gewohnt funktionierten, litten Touristen, Einwohner und die regionale Wirtschaft, sagte IHK-Vizechef Manfred Wäsche. Hoteliers wie die Chefin des Kongresshotels am Templiner See, Jutta Braun, erzählt von Hotelgästen, die mit einer Pferdekutsche ins Hotel kamen, weil kein Taxi zu finden war. Der Potsdamer Gastronom Mario Kade erinnerte sich daran, dass einer seiner Mitarbeiter nach einer Hochzeitsfeier mit dem Brautpaar noch bis 5 Uhr früh im Restaurant warten musste, ehe das Taxi kam.

Kade mahnt eine „Qualitäts- und Quantitätsoffensive“ auf dem Taxi-Markt an. Er habe die Probleme schon mehrfach an die Stadtverwaltung herangetragen. Filmparkchef Schatz sieht dringenden Handlungsbedarf: „Der Markt ist da, es muss etwas passieren.“ Schatz fordert eine gemeinsame Runde von Taxi-Vertretern, der Wirtschaft und Touristikern.

Taxibranche: Gründe sind Mindestlohn und Nachwuchsprobleme

In der Taxibranche werden zwei Gründe für die Krise genannt: der im vergangenen Jahr eingeführte gesetzliche Mindestlohn sowie Nachwuchsprobleme. Harry Kortschlag vom Taxiverband Potsdam erklärt, wegen des Mindestlohns seien die Arbeitszeiten von angestellten Fahrern bei vielen Taxi-Unternehmen auf sechs Stunden reduziert worden. Zum anderen sei es schwierig geworden, überhaupt noch Arbeitskräfte zu finden. „Neueinstellungen sind illusorisch – für den Beruf interessieren sich nur wenige junge Leute“, sagt Kortschlag, dessen Unternehmen selbst lange Taxifahrer ausgebildet hat. Als Grund für das ausbleibende Interesse sieht er das schlechte Image des Berufs, die Nacht- und Wochenendarbeitszeiten und die vergleichsweise niedrige Bezahlung. Zwar liegt die Zahl der in der Stadt konzessionierten Taxis unverändert bei 190: Aber statt wie früher rund 280 Taxifahrer gebe es dafür mittlerweile nur noch rund 200. Auch seien immer weniger Taxi-Unternehmer in der Genossenschaft und damit in der zentralen Taxizentrale organisiert: Waren es 2009 noch alle 190 Taxis, sind es mittlerweile nur noch 130. Etliche Unternehmer nutzen heute alternative Kontaktwege zum Kunden, etwa Smartphone-Apps.

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