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Berlin: „Mir war egal, wer da wohnte“

Ein Zeitungsbote legte mehrfach Feuer in Hausfluren von Prenzlauer Berg Aus Schwabenhass? Davon wollte der 29-Jährige im Prozess nicht mehr reden.

Elf Mal brachte er mit der Zeitung auch Feuer. Maik D. ist jener Zeitungsbote, der im Sommer rund um den Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg Angst auslöste. „Schwabenhasser“ wurde er nach seiner Verhaftung genannt. Er selbst hatte in seiner ersten Aussage davon geredet, wetterte über „Besserverdiener, die das Geld haben, andere zu verdrängen“. Kleinlaut saß der 29-Jährige am Donnerstag vor dem Landgericht und distanzierte sich. Kein Sozialneid und kein „Hass auf Schwaben“ sei Motiv gewesen. „Ich war mit meiner Lebenssituation unzufrieden.“

Ein Angeklagter, der alles gestand und doch viele Fragen offen ließ. Warum hielt er sein Feuerzeug immer wieder an Kinderwagen? Stille im Saal. „Mir war egal, wer da wohnte“, nuschelte der Angeklagte. „Haben Sie sich an den Flammen ergötzt?“ Nein, er habe seine Tour fortgesetzt, sagte der Zeitungszusteller. Er habe auch nichts gegen Menschen, die sich teure Kinderwagen leisten können oder im Lokal sitzen, wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt. „Ich habe mich oft gefragt, warum ich das mache, ich weiß es wirklich nicht.“

Ein Albtraum für jeden Mieter: Ein Serienbrandstifter, der einen Schlüssel zum Wohnhaus besitzt und Feuer legt. Am 15. Juli steckte Maik D. erstmals einen Kinderwagen in Brand. Über die Gefahren habe er nicht nachgedacht, sagte der Angeklagte. „Ich bin heilfroh, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“ In zehn Fällen hatte er in Hausfluren abgestellte Kinderwagen angezündet, einmal eine Bananenkiste. Die Flammen wurden schnell entdeckt. Drei Kinder atmeten Rauchgas ein und mussten behandelt werden. Eine Frau wurde am Arm verletzt.

Zivilbeamte hatten Maik D. bereits im Visier, als es am 19. August in einem Haus in der Winsstraße qualmte. Die Polizisten traten die Flammen aus. Kurz darauf klickten die Handschellen. Später polterte Maik D. laut Vernehmungsprotokoll los: „Die ganzen Schwaben kotzen mich an!“ Leute aus dem Ländle mit viel Geld würden andere verdrängen. Nun ruderte der Angeklagte zurück: „Das ist doch Schwachsinn.“ Er habe das zwar vor der Polizei gesagt, aber unter Druck.

Sein Jammer, so der Brandstifter, sei sein verpfuschtes Leben. Er sei ein Mensch, der gerne und viel arbeite. Zuletzt schuftete er tagsüber auf dem Bau und trug in der Nacht Zeitungen aus. Er schlief nur ein paar Stunden und putschte sich mit Drogen auf. „So konnte ich noch mehr arbeiten, aber es ging immer mehr bergab.“ 1800 Euro hatte er im Monat, aber er habe „alles verpulvert, meist für Drogen“, sagte der Angeklagte. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

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