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Polizei im Einsatz (Symbolbild).

© Patrick Pleul/dpa

Missbrauchsvorwürfe gegen Flüchtling: 16-Jähriger unter Verdacht

Ein Asylbewerber soll zwei Jungen sexuell missbraucht haben. Er ist erst 16, die Gerichte lehnen die von der Staatsanwaltschaft geforderte Inhaftierung ab.

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Glöwen/Neuruppin - „Die Aufregung wird eher von außen reingetragen“, sagt eine Einwohnerin von Glöwen: „Es ist schlimm, wenn so etwas passiert, aber deshalb stellen wir nicht alle Flüchtlinge unter Generalverdacht. Wir haben hier eigentlich ein gutes Miteinander.“

In Glöwen, einem Ortsteil der Gemeinde Plattenburg in der Prignitz, soll ein 16-jähriger Flüchtling aus Afghanistan Mitte Januar einen neun und einen elf Jahre alten Jungen sexuell missbraucht beziehungsweise sexuell genötigt haben.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin wollte den minderjährigen Tatverdächtigen wegen ihrer Ansicht nach drohender Wiederholungsgefahr in einer geschlossenen Einrichtung für Kinder und Jugendliche – etwa im uckermärkischen Frostenwalde – unterbringen, doch das Amtsgericht Perleberg lehnte das ab. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft Ende Januar Haftbefehl bei demselben Gericht.

Die Staatsanwaltschaft sieht Wiederholungsgefahr

Das gab dem Antrag statt, setzte den Haftbefehl aber zugleich außer Vollzug. „Das Gericht war der Ansicht, dass bestimmte Auflagen ausreichen, um eine Wiederholung zu verhindern“, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Auflagen für den 16-Jährigen bestünden unter anderem darin, dass er sich jeden Tag – auch am Wochenende – bei der Polizei melden muss und dass er keinen Kontakt zu Jungen haben darf, die jünger als 15 Jahre sind. Die Staatsanwaltschaft legte gegen diese Entscheidung erneut Beschwerde ein, aber auch das Landgericht Neuruppin hielt die Auflagen für ausreichend. Nun hat die Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Antrag beim Oberlandesgericht gestellt. Weil sich die drei Taten an zwei aufeinander folgenden Tagen ereignet haben sollen, sieht sie Wiederholungsgefahr – obwohl der 16-Jährige, der mit seinen Eltern inzwischen an einem anderen Ort untergebracht ist, bislang nicht wieder auffällig wurde.

Auch der Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums, Ingo Decker sagt: „Wir können die Entscheidung der Gerichte nicht nachvollziehen. Hier handelt es sich ja nicht um Ladendiebstahl.“ Die Staatsanwaltschaft will keine näheren Angaben zum Tathergang machen, verweist aber angesichts einiger falscher Medienberichte darauf, dass es sich nicht um ein Vergewaltigungen handle.

In Behörden und Ministerien befürchten offenbar auch einige, dass die Tatsache, dass der Tatverdächtige auf freiem Fuß ist, Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten sein könnte. Schließlich hatten NPD und rechte Kameradschaften kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe in Glöwen Proteste gegen Flüchtlinge organisiert. „Dass Rassisten irgendetwas für Stimmungsmache ausnutzen könnten, kann für die Gerichte aber kein Entscheidungskriterium sein“, sagt ein Rechtsexperte. In Glöwen selbst hatte ein breites Bündnis von Einwohnern und anderen Demokraten erfolgreich gegen die Neonazis demonstriert.Sandra Dassler/Alexander Fröhlich

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