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Berlin: Misshandeltes Baby: Jugendamt sucht Pflegefamilie

Stadträtin verteidigt ihre Mitarbeiter. Verdacht im September sei unbegründet gewesen. Kripo ermittelt nun auch gegen die Mutter

Das drei Monate alte Mädchen „Michelle“, das durch aggressives Schütteln vom Lebensgefährten seiner Mutter misshandelt worden sein soll, wird nach dem Krankenhausaufenthalt nicht wieder zurück nach Hause kommen. Dies wurde am Montag im Spandauer Jugendamt beschlossen. „Wir werden für das Baby eine Pflegefamilie suchen“, sagte Spandaus Jugendstadträtin Ursula Meys (SPD). Ob die drei Jahre alte Jasmin, die Schwester des Babys, in der Familie bleiben darf, werde noch entschieden. Bis dahin bleibt das Kind im Krisennotdienst.

Das Kleinkind Michelle aus Spandau war – wie berichtet – am Donnerstag mit einem Schütteltrauma ins Krankenhaus gekommen und liegt seitdem auf der Intensivstation. Lebensgefahr bestehe nicht mehr. Allerdings sind bleibende Schäden zu befürchten, hieß es bei der Polizei. Der 24-jährige Lebensgefährte der Mutter steht unter Verdacht, in Abwesenheit der Mutter das Baby so sehr geschüttelt zu haben, dass es bewusstlos wurde. Die Ermittlungen der Kripo dauern an. Mittlerweile richten sie sich auch gegen die 24-jährige Mutter von Michelle. „Wir haben Hinweise, dass auch sie Mitschuld an den Verletzungen tragen könnte“, sagte Justizsprecher Frank Thiel gestern. Beide müssen aber derzeit nicht in Haft, weil die Staatsanwaltschaft keine Fluchtgefahr sieht.

Bereits im September lag Michelle mit Schüttelverletzungen im Krankenhaus. Nach Polizeiangaben waren die Verletzungen auch damals auf Misshandlungen zurückzuführen. „Das ist so nicht richtig“, verteidigte sich Jugendstadträtin Meys. Es stimme, dass Michelle im Krankenhaus lag. Zunächst hätten die Ärzte den zuständigen Mitarbeiter im Bezirksamt per Telefon am 28. September informiert und „nur den Verdacht der Misshandlung geäußert“, sagt Meys. Doch in einem zweiten Telefonat kurz darauf habe sich die Vermutung nicht bestätigt. „Deshalb wurde nicht die Polizei gerufen. Die Mitarbeiter haben dennoch einen Termin mit der Mutter für den 1. Oktober gemacht.“ Die Sozialarbeiter hätten die Wohnung begutachtet und mit der Mutter und dem Lebensgefährten gesprochen. Es habe keinen Grund gegeben, das Kind aus der Familie zu nehmen.

Für alle Jugendamts-Mitarbeiter sei es immer schwierig zu entscheiden, wann die Behörde ein Kind zu dessen Wohl aus seiner Familie nimmt. „Wir haben ja im September sofort reagiert, obwohl der Verdacht der Misshandlung sich nicht bestätigt hatte“, sagt Meys. Diesmal aber seien die Verletzungen des Babys „eindeutig“.

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