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Berlin: Misslungener Akt der Befreiung

CDU-Landeschef Zeller steht nach „einem Versprecher“ heftig in der Kritik

CDULandeschef Joachim Zeller steht nach seiner Rede auf dem Kreisparteitag in der Kritik. PDS-Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich forderte gestern sogar Zellers Rücktritt. Berlins SPD-Vorsitzender Michael Müller sagte, Zellers „abenteuerliches Geschwätz“ banalisiere die zwölfjährige Schreckensherrschaft der Nazis. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kritisierte: Jemand, der es nicht geschafft habe, in seiner Partei für einen historisch sensiblen Umgang mit dem 8. Mai zu sorgen, „vergreift sich jetzt selbst“. Den Wunsch nach einem Regierungswechsel mit der Befreiung von einem Unrechtsregime zu verbinden, zeige, „in welch desolatem Zustand die Berliner CDU ist“.

Zeller hatte am Mittwochabend gesagt: „Wir müssen die Stadt vom Linksblock befreien. Das ist dann der Tag der Befreiung von Berlin.“ Die meisten Delegierten auf dem CDU-Kreisparteitag hatten mit Beifall und Gelächter reagiert. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann fand dies gestern „ganz unglaublich“. Zeller habe sich als Spitzenpolitiker disqualifiziert. „Wenn sich der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky für sein Interview in der ’Jungen Freiheit’ entschuldigen muss, dann erst Recht Zeller für seine Rede.“ Nach Ansicht des SPD-Chefs Müller setzt Zellers Rede, dem, was sich die CDU im Umgang mit dem 8. Mai geleistet habe, die Krone auf.

CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer verteidigte den Parteifreund gegen Rücktrittsforderungen. Dafür sehe er „keine Veranlassung“. Zeller sprach von einem „sehr dummen Versprecher“, für den er sich „am liebsten geohrfeigt hätte“, als er ihn realisiert habe. Er habe sagen wollen: Die Befreiung vom Linksblock sei „ein Akt der Befreiung für Berlin“. Aus dem Akt der Befreiung sei dann „im Eifer des Gefechts“ der Tag der Befreiung geworden.

Versprecher oder nicht – überprüfen lässt sich das nicht. Zeller sprach nach übereinstimmender Auskunft von Beobachtern frei, ohne Redemanuskript. Er sagte gestern: „Ich hatte nur einige Stichpunkte notiert.“ Viele Christdemokraten sind nun sprachlos. „Kein Kommentar“ ist die häufigste Antwort, von der Bundesebene bis auf Kreisebene der Partei. Innerhalb der Landes-CDU aber gibt es Klagen. „Man muss gerade in diesem Zusammenhang schon genau überlegen, was man sagt“, sagte die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Marlies Wanjura. Zeller habe sich aber umgehend bei der Partei entschuldigt. Ob Zeller sich öffentlich entschuldigen solle, darüber berate am Sonnabend der Landesvorstand.

In den vergangenen Wochen war in Steglitz-Zehlendorf ein Streit über einen angemessenen Umgang mit dem 8. Mai derart eskaliert, dass er die Berliner CDU in eine Krise stürzte (Seite 10). mne/za

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