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Mit Sack und Pack.

© picture alliance / dpa

Berlin: Mit Boeing und Oboe

Die Philharmoniker gehen auf Tournee und haben sich dafür ein eigenes Flugzeug gemietet

Zwölf Celli sollen in der Kabine mitfliegen, angeschnallt wie richtige Passagiere. Neben ihnen, so ist zu vermuten, werden die zwölf Cellisten Platz nehmen, um ihrem Instrument im Falle größerer Turbulenzen beistehen zu können. Die Berliner Philharmoniker gehen am Montag auf Dienstreise. Für knapp drei Wochen nach Abu Dhabi, Australien und Singapur. Eine Konzertreise, wie jedes Jahr, doch zum ersten Mal mit eigenem Jumbo-Jet.

Das Gepäckvolumen überschreitet die luftfahrttechnisch wichtige Marke von 100 Kubikmetern. Schuld ist Mahler. Dessen Erste Symphonie D-Dur – Beiname: Titan – verlangt den Einsatz von elf Pauken sowie diverser Becken und Trommeln. Nicht weniger voluminös: Brett Dean und sein Werk Komarov’s Fall. Xylophon, Vibraphon und das große Marimbaphon kommen darin zum Einsatz. Philharmonie-Produktionsleiter Kai-Bernhard Schmidt grübelte ein paar Tage über seinen Excel-Tabellen, sprach mit den Kollegen von Lufthansa Cargo, dann war klar: Ein Jumbo muss her, eine Boeing 747.

Und weil die Reise in ferne Gefilde führt, wo man sich mit sensibler Instrumenten-Fracht nicht wirklich gut auskennt, haben sie den Jumbo gleich gemietet. Eine Boeing 747, drei Wochen lang, zur exklusiven Nutzung. Das ist selbst für ein Orchester von Weltrang ein seltenes Privileg. Die Lufthansa hatte gerade nichts Besseres vor mit ihrem Flugzeug und machte einen guten Preis.

Am Samstagabend, nach den letzten Orchesterproben, wurde alles sicher verstaut. Neun Geigen passen in eine Geigenkiste, zwei Fracks in eine Frackkiste. Von letzteren gibt es alleine 65. Die Harfen und Kontrabässe beanspruchen Einzelkisten. Drei Lkw brachten die mehr als 200 verpackten Instrumente zum Flughafen nach Tegel, dort werden die Kisten gescannt, wegen der Sicherheit, und so auf Paletten gestapelt, dass der runde Flugzeugkörper optimal ausgenutzt wird. „Das wird pickepackevoll“, freut sich Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber. Bisher ist noch nie eine Kiste verloren gegangen. Ist alles in der Luft, kann sich Produktionsleiter Schmidt endlich entspannen. Dann gibt er dem Käpt’n im Cockpit die Anweisung, die Temperatur im Frachtraum konstant bei 15 Grad zu halten. Wenn das Holz einer Oboe zu stark abkühlt, reißt es, dann ist die Oboe hin.

Die Celli werden es noch etwas wärmer haben. Um ihr Wohlergehen, und das der 130 Orchestermusiker, kümmert sich Chefsteward Peter Jacobus. Er begleitet die Musiker seit 20 Jahren und schweigt wie ein Grab auf indiskrete Fragen. „Drei Wochen, solange waren wir noch nie zusammen.“ Das Catering sei besonders wichtig. Einmal während der Tournee, das hat schon Tradition, werde ein Buffet aufgebaut und hoch am Himmel verspeist. Die 18-köpfige Crew eines Jumbo wird für die Philharmoniker noch mal verstärkt. Kontrabassist Peter Riegelbauer freut sich auf Australien. „Da sind wir zum ersten Mal.“

Viele Musiker trennen sich ungern von ihren Instrumenten. Geigen und Flöten reisen oft als blinde Passagiere in der Kabine mit, auch die Stradivari des Konzertmeisters. Die sperrigen Celli müssen normalerweise mit dem Gepäckraum vorliebnehmen. Sie kommen allerdings erst an diesem Sonntagabend von einem Gastspiel aus Amsterdam zurück, zu spät zum Verstauen. In der Kabine ist ja genug Platz. 350 Sitze gibt es, aber nur 180 Menschen.Thomas Loy

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