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Berlin: Mit dem blauen Krupp-Laster zurück in die fünfziger Jahre

Es war eine Begegnung, die alte Erinnerungen aufwühlte. "So einen blauen Krupp-Laster habe ich als Achtjähriger geschenkt bekommen.

Es war eine Begegnung, die alte Erinnerungen aufwühlte. "So einen blauen Krupp-Laster habe ich als Achtjähriger geschenkt bekommen. Das werde ich nie vergessen", sagt Michael Lorenz gerührt, als er vor einer Vitrine mit vielen Wiking-Modellautos steht. Das Super-Geschenk bekam Lorenz 1956, als er noch der kleine Michael war, der eine glückliche Kindheit am Munsterdamm verlebte. Der war damals noch eine Sackgasse, und die Kinder konnten ohne Gefahr über die Straße laufen, wie sich Lorenz erinnert. Gespielt haben er und seine Freunde in den "Rauhen Bergen", einem Areal voller Senken und Bodenvertiefungen, in Ruinen, verwilderten Gärten, an Teichen, Tümpeln, in Kiesgruben - vorbei, vorbei. "Heute ist das bis auf ein paar Grundstücke bebaut", sagt Michael Lorenz, der vor über 20 Jahren schweren Herzens seinen alten Kiez gegen Buckow eintauschte.

Beschäftigt hat den Friseur seine Steglitzer Vergangenheit aber weiterhin so sehr, dass er sich seinen alten Bezirk en miniature wieder zusammengebaut hat. "Steglitz in den 50er Jahren", heißt die Ausstellung, die Lorenz in den Räumen des Heimatvereins vorstellt und für die er anderthalb Jahre lang Ausstellungsstücke zusammengetragen hat. Sie dürfte nicht nur eingefleischten Steglitzern gefallen, sondern allen Fans der Jahre des Wirtschaftswunders. Zu sehen gibt es neben Schwarzweiß-Fotos aus dem Steglitz jener Zeit beispielsweise einen Lederball mit Naht und Blase für echte Straßenfußballer, ein Fernsehgerät Marke Kuba mit Klapptüren, einen Grundig-Tonbandkoffer, Programmhefte mit Sendungen des legendären Onkels Tobias vom Rias, einen Otto-Katalog mit der Herbst/Winterkollektion 1957/58, ein Clipper-Radio von Nordmende, Fix-und-Foxi- und Bravo-Hefte und vieles mehr zur stilechten Ausgestaltung der echten Fünfziger. Einige der einstmals profanen Gegenstände sind heute nicht nur der Erinnerungen wegen wertvoll. Zwei eigentlich unverzichtbaren Kultobjekten der Wiederaufbauzeit hat Lorenz jedoch vergeblich nachgespürt. "Nierentische und Lampen mit Tütenschirmen und beweglichen Armen habe ich nicht gekriegt", bedauert der Heimatkundler, der seit rund zwei Jahren das Archiv des Heimatvereins Steglitz verwaltet.

Trotz seiner Anhänglichkeit an die Zeit seiner Kindheit sieht Michael Lorenz durchaus die Schattenseiten der heute gern als golden verklärten Zeit der fünfziger Jahre. Autoritär und nicht selten handgreiflich gegen Kinder und Jugendliche ging es in Schule und Elternhaus zu, das musste auch er erfahren. Außerdem war der Munsterdamm eine Gegend der kleinen Leute. "Man musste schon auf den Pfennig gucken", sagt Lorenz rückblickend und erkennt darin gleich wieder ein Gutes: "Man hat sein Spielzeug gehütet." Der Krupp-Laster ging dennoch irgendwann verloren. Für 100 Mark hat Lorenz das Modell für die Ausstellung von einem Sammler gekauft - in den fünfziger Jahren war das viel, viel Geld.Die Ausstellung "Steglitz in den 50er Jahren" ist bis zum 4. Juni beim Heimatverein Steglitz, Drakestraße 64a, montags von 16 bis 19 Uhr, mittwochs von 15 bis 18 Uhr sowie sonntags von 14 bis 17 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

wik

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