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Berlin: Mit der roten Flagge gegen deutsche Waffenexporte

Weitaus geringere Beteiligung an der Traditionsdemo als 1999Tobias Arbinger Am traditionellen Ostermarsch durch die Berlin Innenstadt haben sich gestern Nachmittag weitaus weniger Menschen beteiligt als vor einem Jahr - damals rührte die Bundeswehrbeteiligung am Kosovo-Krieg die Menschen auf. Etwa 1500 Menschen beteiligten sich nach einer Zählung der Veranstalter an der Demo von der neuen Wache zum Brandenburger Tor über die Behrenstraße zum Roten Rathaus, wo es abschließend eine Kundgebung gab.

Weitaus geringere Beteiligung an der Traditionsdemo als 1999Tobias Arbinger

Am traditionellen Ostermarsch durch die Berlin Innenstadt haben sich gestern Nachmittag weitaus weniger Menschen beteiligt als vor einem Jahr - damals rührte die Bundeswehrbeteiligung am Kosovo-Krieg die Menschen auf. Etwa 1500 Menschen beteiligten sich nach einer Zählung der Veranstalter an der Demo von der neuen Wache zum Brandenburger Tor über die Behrenstraße zum Roten Rathaus, wo es abschließend eine Kundgebung gab. Von 600 Teilnehmern sprach die Polizei. 1999 demonstrierten schätzungsweise 12 000 Menschen gegen den Krieg auf dem Balkan.

Zu der gestrigen Veranstaltung aufgerufen hatte ein Bündnis von knapp 40 Gruppen, darunter die IG-Medien, die Jusos, die PDS, DKP und die Antifa. Die Grünen, die wegen ihrer Unterstützung des Nato-Einsatzes im Kosovo von Seiten der Friedensbewegung heftige Kritik einstecken mussten, waren nicht dabei. Sie beteiligten sich am Sonntag an einem Ostermarsch gegen den Bombenabwurfplatz der Bundeswehr in der Kyritz-Ruppiner Heide in Brandenburg.

Blaue Luftballons, rote Fahnen, einige Jugoslawien-Flaggen sowie Spruchbänder mit Aufdrucken wie "Schluss mit dem Waffenexport - Geld für den Öffentlichen Dienst, nicht für Krieg und Konzerne", "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" und "Weder Waffenbau noch Bildungsklau" bestimmen das Bild des Umzugs. Ein dünnstimmiger Chor aus Antifa-Aktivisten singt "Viva la revolution". Aus dem Lautsprecherwagen dröhnen Hymnen des Befreiungskampfes in Lateinamerika wie "Commandante Che Guevara", am Ende des Zuges ist Nina Hagen mit "Du hast den Farbfilm vergessen" zu hören.

Unter den Linden flanierende Touristen bestaunen die Demonstranten, die zum Teil mit Fahrrädern und Kinderwagen über die Straße ziehen. "Hier werden gute Forderungen aufgestellt", findet die 19-jährige Susanne, eine von wenigen jugendlichen Teilnehmern. In ihrer Schule habe sie Unterschriften gegen deutsche Rüstungsexporte gesammelt. "Da wäre es halbherzig, nicht hier zu sein", sagt sie. Ein schätzungsweise 40-jähriger Jurist ist etwas betrübt, dass "viele alte Freunde nicht hier sind". Nach dem Studium hätten sich bei vielen Ex-Kommilitonen die Schwerpunkte wohl "Richtung Bausparvertrag und Familienplanung" verlagert, sagt der langhaarige Mann in Batikhosen. Er sei auch in "Erinnerung an alte Zeiten" hergekommen. Immer noch spricht er vom "BRD-Imperialismus".

Der 23-jährige Tobias mit blond gefärbten, zerstrubbelten Haaren erinnert daran, dass mit dem Kosovo-Einsatz Grundgesetz und UN-Charta gebrochen worden seien und dass die Bundesrepublik zu den größten Waffenexporteuren der Welt zähle. Er zieht mit der Flagge der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend durchs Brandenburger Tor. "Wir bringen uns in Erinnerung", sagt eine 63-jährige Bibliothekarin. Über die Friedensbewegung sei sie vor Jahren zur Alternativen Liste gekommen. Als Kind habe sie noch selbst Bombennächte erlebt. Vergangenes Jahr trat sie nach der Zustimmung der Grünen zum Nato-Angriff auf Jugoslawien aus Protest aus. "Sentimental" sei sie von Parteifreunden genannt worden. Als der Zug am Außenministerium auf dem Friedrichswerder vorbeikommt, wird gerufen: "Nato zerschlagen, Fischer verjagen".

Der Vorstandssprecher der Berliner Grünen Andreas Schulze erinnerte gestern daran, dass sich seine Partei schon seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr am Berliner Ostermarsch beteilige - mit der Ausnahme 1999. Die Bündnisgrünen kritisieren, dass von den Organisatoren des Ostermarsches zu viele Forderungen auf einmal gestellt würden. Für konkrete Projekte - wie gegen das Wittstocker "Bombodrom" - ließen sich die Menschen besser "mobilisieren".

Tobias Arbinger

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