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Berlin: Mit der Schreibreform ins neue Schuljahr

Verwaltung wartet Klage ab / Kein Gesetz vorbereitetVON HANS TOEPPENBERLIN.Die Berliner Schule bleibt - vorerst jedenfalls - bei der Rechtschreibreform.

Verwaltung wartet Klage ab / Kein Gesetz vorbereitetVON HANS TOEPPENBERLIN.Die Berliner Schule bleibt - vorerst jedenfalls - bei der Rechtschreibreform.Zwar haben zwei Kläger die Reform inzwischen auch vor dem Berliner Verwaltungsgericht angegriffen.Schulsenatorin Stahmer sieht aber keinen Anlaß, vor einer gerichtlichen Entscheidung vom bisherigen Weg abzugehen.Sollte das Oberverwaltungsgericht die neue Orthographie allerdings stoppen, wäre der weitere Weg unklar.In einem sofortigen Reformgesetz, wie Hessen dies plant, sieht die Schulverwaltung wegen der möglichen Zersplitterung der Rechtslage in Deutschland offenbar keinen Sinn.Eine gesetzliche Regelung müßte innerhalb der Kultusministerkonferenz bundeseinheitlich abgestimmt werden, sagte gestern die Sprecherin der Schulsenatorin, Rita Hermanns. Die neue Rechtschreibung wird im Vorgriff bereits seit dem vorigen Jahr in den Berliner Schulen praktiziert, aber noch nicht benotet.Bei den Schulanfängern spielt sie allerdings praktisch überhaupt keine Rolle.In den Fibeln für die erste Klasse tauche höchstens das doppelte s (Kuss) auf , sagte gestern im Institut für Lehrerfortbildung die Oberschulrätin Mascha Kleinschmidt-Bräutigam.In den höheren Klassen solle die deutsche Sprache jedoch nur noch in der neuen Schreibweise vermittelt werden, damit die alte "in die Dunkelheit der Vergessenheit" gerate. Die Kollisionen mit den unreformierten Regeln in Literatur und Praxis hält die Pädagogin für beherrschbar: Empirisch sei belegt, daß das Lesen für die Orthographie bei weitem nicht so entscheidend sei wie das Schreiben und Überarbeiten durch die Schüler selbst.Beim diesjährigen Abiturjahrgang und bei älteren Schülern hat sich nach Angaben von Kleinschmidt-Bräutigam bereits gezeigt, daß die Fehlerquote infolge der neuen Komma-Regeln sinkt. Dies alles kommt nun auf den Prüfstand des Verwaltungsgerichts.Kernpunkt dürfte die Frage sein, ob die Einführung per Verordnung - wie die KMK dies bundeseinheitlich im nächsten Herbst vorsieht - den Richtern ausreicht.Der vierfache Vater und Spandauer Kläger Gernot H.bewertet aber nicht nur das Fehlen eines Gesetzes als rechtswidrig.Er hält die Reform auch inhaltlich für verfassungswidrig, weil sie "einen Keil durch die Familie" treibe und seine Erziehungsziele gefährde. Es ist also zu erwarten, daß die Kläger die Frage nach Erschöpfung des Verwaltungsrechtswegs auch vor das Bundesverfassungsgericht bringen, sofern sich nicht gleich selbst ein Gericht nach Karlsruhe wendet.Dort wird es für Reformgegner dann um den Kern gehen: Ob ihre Kinder mitmachen müssen.Die Kultusminister sind jedenfalls davon überzeugt, daß Grundrechte nicht berührt sind.Es handele sich um eine "maßvolle Anpassung", die auch keiner parlamentarischen Behandlung bedürfe.

HANS TOEPPEN

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