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Berlin: Mit „Idefix“ gegen die Droge

Am Kottbusser Tor übernimmt ein Verein die Betreuung der Hunde von Junkies beim Entzug

Wenn Sozialarbeiter Sören Sörensen mit dem mobilen Drogenberatungswagen vom Verein Fixpunkt am Kottbusser Tor Station macht, fallen ihm immer die vielen Hunde auf. Kleine und große Vierbeiner laufen wild umher, bellen oder liegen dösend neben ihren Herrchen. Die meisten Tiere gehören den Junkies. Sörensen weiß, dass die Tiere im Leben der Süchtigen eine wichtige Rolle spielen: „Die Hunde ersetzen Freund und Familie, dienen aber auch als Ausrede, um sich nicht einer Entziehungskur unterziehen zu müssen.“ Droge oder Hund – diesen Konflikt möchten die Drogenberater am Kottbusser Tor jetzt mit dem neu ins Leben gerufenen Hundebetreuungsprojekt „Idefix“ lösen. Die Idee ist einfach: Während Herrchen in Behandlung geht, nehmen ehemalige Süchtige seinen Schützling bei sich auf.

Das Vereinsbüro von „Idefix“ befindet sich in einem der vielen Seitenarme der massigen 70er Jahre-Wohnsiedlung, die den Platz am Kottbusser Tor umfasst. Sörensen zeigt stolz die frisch gestrichenen Vereinsräume, die ehemalige Drogenabhängige in Eigenarbeit renoviert haben. Auch eine Sitzecke gibt es dort, wo sich Hundebesitzer und -betreuer kennenlernen können. „Das Gespräch mit den Besitzern ist uns wichtig, damit wir die Hunde, die wir zu uns nach Hause nehmen, auch genau kennen lernen“, erklärt Nikole, die als Hundebetreuerin für den Verein arbeitet. Mit den maximal 90 Euro, die ihr der Job im Monat bringen wird, kann die allein erziehende Mutter ihren Sozialhilfesatz nur geringfügig aufbessern, der Job ist jedoch ihre erste richtige Anstellung seit Jahren. „Die Arbeit hier ist für mich ein erstes Herantasten“, sagt sie. Hunde hat Nikole nie gehabt, aber zwei Kinder, erzählt sie. Die hätten ihr beigebracht, Verantwortung zu übernehmen. Nur wegen ihnen sei ihr nach fünf Jahren Heroinsucht der Absprung gelungen.

Nicht bei allen aber stößt das Projekt auf Begeisterung. Mieter und Ladenbesitzer der Nachbarschaft hatten sich kurz nach der Gründung zum Verein gegen „Idefix“ zusammengeschlossen. Die Anwohner fürchteten eine Verlagerung der Drogenszene vor ihren Hauseingang und vermuteten, die Pension sei in Wahrheit die erste Fixerstube der Stadt. Das Gegenteil sei der Fall, beteuert Nikole. „Wir wollen mit den Drogen nicht mehr in Kontakt kommen.“ Roland Brockmann

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