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Berlin: Mit Schmelzöfen im Goldrausch

Gericht verurteilte zwei Mitglieder einer internationalen Bande, die Steuern in Millionenhöhe hinterzog

Die Staatsanwaltschaft nannte den Ermittlungskomplex „Goldrausch“: Hunderte Kilo reinen Goldes kaufte eine international tätige Bande durch Kuriere und unter falschen Namen vor allem im Golf-Emirat Dubai und brachte das Edelmetall nach Deutschland. Über ein eigens gegründetes Firmengeflecht wurde das steuerfrei erworbene Gold umsatzsteuerpflichtig verkauft – die Steuer aber nicht abgeführt. Weil sie bei dem Schwindel mitgemacht haben sollen, mussten sich gestern die 38-jährige Sabine H. und der 35-jährige Robert R. wegen gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhinterziehung vor dem Landgericht verantworten.

Die Frau gab sich zunächst unschuldig. Ihr Ehemann, der als einer der Anführer der Bande gilt, habe ihre Unterschriften gefälscht. Allerdings war Sabine H. Geschäftsführerin einer der Firmen. Das Gericht gab ihr eine kleine Bedenkzeit. Dann räumte die Angeklagte die Vorwürfe ein. Die neunköpfige Bande soll durch die kriminellen Goldgeschäfte einen Gewinn von insgesamt 3,9 Millionen Euro eingestrichen haben. Das Ehepaar H. steckte seinen Anteil vor allem in den Erwerb eines Hauses in Steglitz. Wöchentlich zahlten die beiden rund 10 000 Euro ein.

Die Betrüger betrieben in Berliner Mietshäusern sogar Schmelzöfen. Dort wandelten sie das nach Deutschland gebrachte Feingold, das zu weich ist für eine Verarbeitung, in verunreinigtes Gold um. Dieses ist steuerpflichtig. Die beim zuständigen Finanzamt mit gefälschten Rechnungen geltend gemachte Umsatzsteuer wurde zwischen Herbst 2001 und August 2002 zum Gewinn der Bande. Bis es einen Hinweis an die Polizei gab, weil einer Goldscheideanstalt im Hessischen als Käufer des „umgewandelten“ Edelmetalles auffiel, dass immer wieder die gleichen Leute mit großen Mengen Gold auftauchten.

Gegen Sabine H. wurde nun eine Strafe von 22 Monaten Haft auf Bewährung verhängt, gegen den mitangeklagten R. unter Einbeziehung einer Vorstrafe gab es drei Jahre und sechs Monate. Der türkische Ehemann der Frau war bereits im Mai zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Großteil des Millionengewinns ist bis heute verschwunden.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll auch der Tunesier Ihsan G., der in Köln unter Terrorismusverdacht in Haft sitzt, von Berlin aus ähnliche Geschäfte organisiert haben. Zu Vermutungen, wonach mit dem Verkaufserlös möglicherweise im Ausland Terrorgruppen unterstützt wurden, sagte der Ankläger: „Ich weiß nichts davon, kann es aber auch nicht ausschließen.“

Kerstin Gehrke

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