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Berlin: Mit Streik gegen schmerzhafte Einschnitte

Im Tarifkonflikt bei der BVG sucht Verdi die Konfrontation und legt Busse und Bahnen lahm. Ein Pro und Contra

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.“ Die alte Parole der Arbeiterbewegung bekommt in der modernen Dienstleistungsgesellschaft einen neuen Sinn, wenn die Bus- und U-Bahnfahrer streiken. So wie am Dienstag, und die Gewerkschaft Verdi droht mit weiteren Warnstreiks und einem Arbeitskampf. Denn der Senat will einen neuen Tarifvertrag für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), den Verdi und der Kommunale Arbeitgeberverband ausgehandelt haben, nicht unterschreiben. Damit ließen sich die Personalkosten nur um 21 Millionen Euro pro Jahr senken, begründet der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit die Ablehnung. Notwendig seien Einsparungen von 60 Millionen Euro, um die BVG erfolgreich sanieren zu können. „Das ist schmerzhaft für die Mitarbeiter, aber es gibt keine Alternative dazu.“

Die BVG, die 2004 noch 13 209 Beschäftigte hatte, konnte ihre Einnahmen zwar auf 604 Millionen Euro erhöhen. Trotzdem stiegen die Schulden auf 1,08 Milliarden Euro und Berlin musste einen Zuschuss von 432 Millionen Euro leisten. „Wichtigste Aufgabe für die Zukunft ist neben der Steigerung der Erträge eine weitere Kostensenkung, insbesondere im Personalbereich“, sagt Finanzsenator Thilo Sarrazin. Die BVG müsse fit gemacht werden für den freien Wettbewerb der Verkehrsdienstleistungen ab 2008.

Die Gewerkschaften machen eine andere Rechnung auf: Zurzeit koste beispielsweise ein BVG-Busfahrer 47 143 Euro jährlich (inklusive Arbeitgeberanteile). Ein kleiner Teil der Busfahrer ist bei der BVG-Tochter „Berlin Transport“ angestellt; diese kosten nach Verdi-Angaben schon jetzt nur 31 646 Euro. Mit dem neuen Tarifvertrag würden die Kosten der BVG bei Neueinstellungen auf 30 563 Euro gesenkt. Zum Vergleich: Die Hamburger Hochbahn müsse für einen Busfahrer 31 968 Euro pro Jahr ausgeben, die Üstra Hannover 39 392 Euro und die Brandenburger Verkehrsunternehmen 30 041 Euro.

Mit dem nicht unterschriebenen Tarifvertrag lassen sich laut Verdi bei den Altbeschäftigten 8 Prozent der Gesamtpersonalkosten einsparen. Bei Neueinstellungen seien es sogar 25 Prozent. Im Gegenzug soll der Senat der BVG einen Bestandsschutz für zehn Jahre zusprechen. Diese Konditionen sind nach Meinung der Gewerkschaft mit den Spartentarifverträgen der anderen Bundesländer vergleichbar. Bis zu den Sommerferien „erwarten wir vom Senat eine Klärung der Lage“, sagt Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen.

SPD, PDS und Grüne haben Gewerkschaften und den Senat aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die CDU fordert „parteiübergreifende Konsensgespräche“, während die FDP den Finanzsenator Sarrazin ermunterte, bei einer Fortsetzung des BVG-Streiks „arbeitsrechtliche Gegenmaßnahmen“ zu ergreifen.

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