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Das Kino Colosseum an der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg.

© imago images / Rolf Zöllner

Mitarbeiter kämpfen um Traditionskino in Prenzlauer Berg: „Wir wollen nicht, dass das Colosseum abgerissen wird“

Das Colosseum an der Schönhauser Allee soll zu einem Büro- und Kongressgebäude umgebaut werden. Doch die Kino-Angestellten wollen das Haus retten.

Von Christian Hönicke

Daniela Baumann will gemeinsam mit anderen Kino-Angestellten das Colosseum in Prenzlauer Berg retten. Das traditionsreiche Kino an der Schönhauser Allee ist vor kurzem als insolvent angemeldet und geschlossen worden, die Erben des Kino-Unternehmers Artur Brauner wollen es zu einem Büro- und Kongressgebäude umbauen. Baumann arbeitet seit 20 Jahren in dem Kino und ist zudem im Betriebsrat.

Frau Baumann, Sie haben das Colosseum noch nicht aufgegeben?
Nein. Der Mietvertrag läuft noch bis 31. Dezember, bis dahin wollen wir das Kino auf jeden Fall weiterführen. Aber wir wollen auch versuchen, dieses Haus darüber hinaus zu erhalten. Wenn nicht als Kino, dann als Kulturstandort. Wir wollen es nicht einfach am Jahresende abreißen lassen.

Wie genau wollen Sie das Haus retten?
Wir wollen Druck aufbauen, um zu zeigen, was hier passiert. Ich bin im Betriebsrat, wir haben ein Komitee gegründet, wir sprechen mit dem Kiez und den Anrainern. Wir wollen am 2. Juli einen großen Aktionstag machen. Da wollen wir vor dem Colosseum Filme zeigen und gemeinsam mit Ver.di im Kiez demonstrieren. Die Details müssen noch besprochen werden.

Wie entstand die Idee?
Das ist ein Prozess. Ich bin aus der Belegschaft heraus aktiv geworden, in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat und unserem Anwalt. Wir haben die Mitarbeiter gefragt: Wollt ihr eine Abfindung erkämpfen oder weitermachen? Und wir wollen weitermachen. Ursprünglich ging es uns nur um unsere Arbeitsplätze. Inzwischen geht es uns um die Erhaltung dieses Kulturstandorts und darum, dass hier keine sechsgeschössigen Bürogebäude gebaut werden.

Welchen Zuspruch erhält die Idee, das Colosseum zu retten?
Wahnsinnig viel. Alle reagieren mit großem Bedauern und großer Unterstützung. Die Berlinale-Leitung hat uns persönlich geschrieben. Auch Pankows Bürgermeister Sören Benn hat ja versprochen, für den Kulturstandort zu kämpfen.

Daniela Baumann ist Mitarbeiterin im Colosseum und kämpft mit Kollegen um dessen Erhalt.
Daniela Baumann ist Mitarbeiterin im Colosseum und kämpft mit Kollegen um dessen Erhalt.

© privat

Kino und Grundstück gehören den Erben Artur Brauners. Nun kam heraus, dass im Bezirksamt schon länger Umbaupläne zu einem Bürokomplex vorlagen. Gab es bei Ihnen im Haus Alarmzeichen?
Nein. Es gab keine Alarmzeichen, dass das Haus abgeschossen werden soll. Die Zahlen haben gestimmt. 2018 hatten wir wie die ganze Kinobranche einen kleinen Einbruch, sonst haben wir immer schwarze Zahlen geschrieben. Auch 2019 haben wir vermutlich positiv abgeschlossen.

Corona ist der vorgeschobene Grund, die schon viel länger geplante Schließung ohne irgendwelche Abfindungszahlungen umzusetzen. Wenn man im Herbst 2019 Investoren ins Haus holt und einen Bauvorantrag stellt, geht es ja nicht um Corona.

Sondern um die Maximalverwertung des lukrativen Grundstücks?
Wir haben keine Belege, aber unsere Vermutung ist klar. Schauen Sie sich mal das Sahnegrundstück an, das ist viele Millionen wert. Die Erben streiten sich, wir wissen nicht, wie es um die Vermögenslage der Familie Brauner bestellt ist.

Plakat einer Protestaktion der Mitarbeiter gegen die geplante Schließung des Kinos Colosseum.
Plakat einer Protestaktion der Mitarbeiter gegen die geplante Schließung des Kinos Colosseum.

© imago images/Future Image

Haben Sie die Familie Brauner kontaktiert?
Wir haben es versucht. Unser allererster Schritt war ein Brief an Sammy Brauner und seine Schwester Alice. Immerhin hat Alice Brauner uns eine empathische Mail zurückgeschrieben, dass sie nichts machen kann, weil sie nicht Geschäftsführerin ist.

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Sammy Brauner hat bisher keiner gesehen oder gehört. Er hat sich mit keiner Zeile an die Mitarbeiter gewandt. Es sollen demnächst Verhandlungen stattfinden zum Interessen- und Sozialplan.

Sind Sie enttäuscht insbesondere von Sammy Brauner?
Er war ja auch vorher praktisch gar nicht ins Kino involviert. Es ist zwar sein Haus, aber er hat die UCI als Dienstleister eingesetzt und die Geschäfte führen lassen und wollte damit ein bisschen Geld verdienen.

Das ist auch okay, es muss ja nicht jeder Cineast sein wie sein Vater Artur. Ich finde aber schon, wenn man 40 Mitarbeiter auf die Straße stellt, kann man schon mal einen Dreizeiler an sie richten. Ich arbeite hier seit 20 Jahren, und das geht mir wirklich nahe.

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