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Hauptbahnhof-Brache

© Mike Wolff

Moabit: Die Wüste bebt

Die ersten Bagger sind da, ab 2009 könnte es richtig los gehen: Die riesige Brache in Moabit soll zum neuen Stadtquartier werden Mit einem Boulevard Heidestraße, einem Kunstcampus am Museum, mit Büros, Hotels und 1000 Wohnungen in Hauptbahnhofsnähe

Eine weite Brachfläche mitten in der Stadt soll verschwinden: Zweimal so groß wie das Potsdamer-Platz-Areal ist das Gebiet an der Heidestraße. Das einstige Bahngelände rund um den früheren Containerbahnhof Moabit ist verödet – ein Loch im Stadtbild, unmittelbar nördlich des neuen Hauptbahnhofs. Im April sollen die Weichen für den Bau eines neuen Stadtteils gestellt werden. Dann entscheiden das Land Berlin und die Grundstückseigentümer, nach welchem städtebaulichen Muster das Viertel entwickelt wird. Mit dem Bau könnte im Sommer 2009 begonnen werden, das Quartier in zehn bis 15 Jahren fertig gestellt sein.

Noch wird die Gegend fast nur von Autos belebt. „Eine Rennstrecke ist das geworden,“ sagt Bodo Bitterling. Vor seinem Pkw-Service braust der Verkehr der Heidestraße, täglich bis zu 40 000 Fahrzeuge. Der Tiergartentunnel mündet in die Heidestraße. Bitterlings Betrieb liegt im Gewerbehof, der wie eine Insel in der Ödnis wirkt. Nebenan das Architekturbüro Graft, das unter anderem für den amerikanischen Schauspieler Brad Pitt arbeitet. Auch die Morrison-Galerie ist hier, kürzlich feierte da die Berlinale.

Langfristige Mietverträge sind unüblich. Bitterling weiß nicht, wie lange sein Betrieb noch existieren wird. „Abwarten“, sagt er trocken. Er sieht, dass sich Gewerberäume hier gut vermieten lassen. Die Reihe alter, heruntergekommener Mietshäuser mit Eisenbahnerwohnungen hat viele blinden Scheiben.

Der Senat hat das Gebiet Heidestraße zum „Strategieraum“ erklärt, wie auch die Flughäfen und Tegel und Tempelhof. Milliarden-Investitionen werden erwartet. Die Heidestraße soll zum Boulevard werden, zum Zentrum eines Wohn-, Büro, Gewerbe- und Kunstquartiers, wie es sich am Museum Hamburger Bahnhof anzusiedeln beginnt. „Die Mischung ist wichtig“, sagt Reiner Nagel aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Über die städtebauliche Struktur wollen sich der Senat, der Bezirk Mitte, der Grundstücksentwickler und Eigentümer des Areals, Vivico, und die Bahn in Kürze Klarheit verschaffen. Am 11. April entscheidet ein Preisgericht über die Wettbewerbsarbeiten fünf namhafter Architekturübüros – darunter Hilmer & Sattler und Albert Speer. Es zeichnet sich ab, dass sich in Höhe des Hamburger Bahnhofs ein „Kunstcampus“ etabliert, dass sich gegenüber an der Invalidenstraße Büros und Hotels ansiedeln, am Schifffahrtskanal ein „urbanes Wohnquartier“ mit vier bis sechs Geschossen entsteht. An der Bahntrasse wäre Platz für Büros und Dienstleistungen.

Die Architektur ist noch kein Thema. Die Gegend soll behutsam, flexibel, nach Bedarf entwickelt werden, der karge Häuserbestand weitgehend erhalten bleiben. Aber die Bagger sind schon da: An der Ecke Döberitzer Straße werden gerade ehemalige Bahngebäude abgerissen. Hier arbeiteten Baufirmen für den Hauptbahnhof. Es gibt außer dem Hamburger Bahnhof noch eine architektonische Perle: den alten Nordspeicher.

Von einem „Quartier im Aufbruch“ spricht Wilhelm Brandt von der Vivico, die mit der Bahn das Gelände enwickeln will. Platz für Einzelhandel, Institute, Büros, Gewerbe soll es geben. Bis zu 14 000 Arbeitsplätze werden für möglich gehalten, außerdem 1000 Wohnungen. Ökologisch vorbildlich soll gebaut werden. Reiner Nagel aus der Senatsverwaltung spricht gar von einer „Weltadresse“. Jetzt wunderten sich die Leute am Hauptbahnhof noch über die Brache mitten in der Stadt. Das werde sich bald ändern. Nur eines bleibe vermutlich: Der Durchgangsverkehr in der Heidestraße. Aber davor dürfe man keine Angst haben.

Christian van Lessen

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