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Moabit: Gastronomie-Großmarkt wurde zum Zankapfel - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren wehrten sich Anwohner gegen eine geplante Großmarkt-Halle in Moabit. Doch ohne den Bau gäbe es auch keinen Park geben. Was Sebastian Scholz damals schrieb.

Berlin - Die Anwohner der Siemensstraße in Moabit sind sauer. Sie befürchten, beim Blick aus dem Fenster bald nicht mehr eine Reihe grüner Pappeln zu sehen, sondern eine über elf Meter hohe graue Betonwand. Denn auf dem gegenüberliegenden Gelände des alten Güterbahnhofs möchte die Firma Hamberger aus München einen Gastronomie-Großmarkt errichten und dafür müssten auch die 111 Pappeln weichen. Rund 300 Arbeitsplätze will der Betrieb schaffen, von dem aus exklusive Restaurants und Imbissbuden in ganz Berlin mit Lebensmitteln beliefert werden sollen.

Die wütenden Anwohner haben sich nun in einer Bürgerinitiative zusammen getan. Sie stört vor allem die Wucht des Gebäudes, das ihnen vor die Nase gebaut wird. „Das ist ein 180 Meter langer und 100 Meter breiter Riesenklotz“, sagt Norbert Onken von der Bürgerinitiative Siemensstraße. „Da entsteht eine regelrechte Canyonwirkung“. Nach dem derzeitigen Plan sollen 97 Prozent der Baufläche versiegelt und damit auch eine Frischluftschneise geschlossen werden. „Die Vorgaben des Berliner Umweltatlas werden hier einfach missachtet“, wettert Onken. Der Bau des Großmarktes laufe außerdem dem ursprünglichen Plan zuwider, den Stadtteil als familienfreundlichen Kiez zu entwickeln.

„Man braucht auch Stellen, wo Produktion und Güterumschlag stattfindet“, erwidert Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe. Würde man die Firma außerhalb der Stadt ansiedeln, würde die Ökobilanz durch längere Fahrten noch stärker belasten.Da das Gelände der Bahn gehört, ist der Bau des 25 Millionen Euro teuren Großmarktes vertraglich an einen Bebauungsplan gekoppelt, der außerdem den Bau einer Umgehungsstraße an der Rückseite des geplanten Gebäudes und den „Moabiter Stadtgarten“ für zwei Millionen Euro vorsieht. Würde der Großmarkt also nicht gebaut werden, gäbe es auch keinen Park. Gothe sieht das als Chance für die Anwohner. „Durch den Stadtpark erhöht sich die Lebensqualität für alle die dort wohnen.“ Die Umgehungsstraße werde außerdem langfristig für enorme Verkehrsberuhigung sorgen. Auch die für den Bau nötigen EU-Fördergelder seien schon bewilligt. Die Bürger wiederum sehen das als Totschlagargument. „Es heißt immer, wer den Stadtgarten will muss Hamberger in Kauf nehmen“, so Onken. Die Umgehungsstraße wird voraussichtlich sechs bis zwölf Monate nach dem Großmarkt fertig werden, so lange müssten die Lkws durch die Wohnstraße rumpeln. Die Anwohner befürchten daher einen starken Lärmpegel und Gefahr für die Schüler der naheliegenden James-Krüss-Grundschule.

Auf einen Kompromiss konnten sich die Anwohner und Hamberger bisher nicht einigen. Die Firma hat sich inzwischen verpflichtet, die Fassade des Marktes mit breiten Glasfenstern zu unterbrechen, die Betonwände mit hängenden Gärten zu verschönern und diese auch regelmäßig zu pflegen. Außerdem sollen das Dach begrünt und vor dem Gebäude 18 Bäume neu gepflanzt werden. Der Bürgerinitiative geht das nicht weit genug. „Es wird immer gesagt man pflanzt hier und da mal einen Baum neu, das ist doch Beruhigung“, sagt Onken. Die zentrale Forderung, das Gebäude zehn Meter von der Straße weg zu bauen, werde weiterhin missachtet. „Das wäre das Aus für das Projekt“, entgegnet Baustadtrat Gothe. Diese Forderung sei einfach nicht umsetzbar.

Für die Firma Hamberger ist der Standort nahe an der Siemensstraße ideal. Die Verkehrsanbindungen sind gut und nebenan liegen Westhafen und der Großmarkt Beusselstraße. Am 16. August treffen sich die Streitenden erneut. Die Chancen für eine Einigung stehen jedoch schlecht, denn weder die Bürgerinitiative noch Hamberger sind zu weiteren Zugeständnissen bereit.Sebastian Scholz

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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