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Modellprojekt: Weltlicher Beistand für Imame und Seelsorger

Der Lehrgang "Berlinkompetenz" soll Imame und muslimische Seelsorger ein Jahr lang mit so viel Wissen über Stadt und Land ausstatten, dass sie ihren Gemeindemitgliedern besser helfen können.

„Ich komme manchmal in Situationen, wo ich nicht weiterweiß.“ Man meint, er flunkere ein bisschen, der junge eloquente Imam. Aber so wie Ferid Heider, der in Berlin aufgewachsen ist, geht es offenbar vielen muslimischen Geistlichen. Das zeigten schon die Anmeldungen zum neuen Projekt „Berlinkompetenz“, sagt die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus von der Muslimischen Akademie am Mittwochabend bei der Auftaktveranstaltung. Man habe wohl einen Nerv getroffen. Die 20 Plätze seien rasch vergeben gewesen, inzwischen liege man bei über 30 Anmeldungen.

Was tun, wenn die Kinder Probleme in der Schule haben? Wer macht was im Bezirksamt? „Berlinkompetenz“ soll Imame und muslimische Seelsorgerinnen und Seelsorger ein Jahr lang mit so viel Wissen über Stadt und Land ausstatten, dass sie helfen können, wenn Gemeindemitglieder ihre Hilfe brauchen. Deutschlands politisches System, die Geschichte Berlins, Bildungswesen, Familie, Gesundheit, Bezirksstrukturen und Interkulturalität werden Stoff des Lehrgangs sein. Der Kurs, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und der europäische Integrationsfonds fördern, ist berufsbegleitend und wird die oft knappe Freizeit der Geistlichen strapazieren. Viele von ihnen sind ehrenamtlich tätig und gehen auch noch einem Brotberuf nach.

Als „deutschlandweite Premiere“ lobte Berlins Innensenator Ehrhart Körting das Projekt in seinem Grußwort – doch bei der einen wird es nicht bleiben: In Kürze soll „Münchenkompetenz“ starten, und es gibt schon weitere Anfragen. Aus Glaubensfragen hält sich die Muslimische Akademie dabei heraus; nicht zufällig ist Ilhan Karaca, der Leiter des Projekts, kein Theologe, sondern Diplom-Pädagoge und seit zehn Jahren in Kreuzberg als Familien- und Einzelfallhelfer tätig. Warum das gut ist, war schon am Vorabend der feierlichen Eröffnung bei einem Werkstattgespräch der Akademie zum Thema Imamausbildung klar geworden. Die Kernkompetenzen eines muslimischen Geistlichen seien die Leitung der Gebete und die Freitagspredigt. Wem sie zutraue, so Imam Ferid Heider, bestimme aber „im Endeffekt die Gemeinde“. Wer sich von außen einmische, der Staat etwa, könne zwar Imame ausbilden, aber er riskiere, „dass diese Imame arbeitslos sind“.

Dabei hätten europäische Imame auch in Glaubensdingen noch Nachholbedarf. „Ich bin mit 58 Fragen aus meiner Gemeindearbeit bei höchsten islamischen Autoritäten gewesen“, sagt Abdul Adhim Kamouss, der an der TU Ingenieurwissenschaften studiert hat und seit zehn Jahren ehrenamtlicher Imam in Berlin ist. Meist sei die Antwort gewesen: Das weiß nur Allah. Kluge Antwort, meint eine junge Politologin aus dem Publikum. Nur die schlicht gestrickten Geistlichen wendeten Mohammeds Lehren eins zu eins auf europäische Verhältnisse heute an.

Hier wird „Berlinkompetenz“ nicht helfen können. Aber Hilfe für die ganz lebenspraktischen Dinge, sagt Piening, die könne man jetzt „zeitnah“ organisieren.

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