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Mode im Blick: Die taiwanesische Designerin Jamie Wei Huang stattet ein Model aus.

© dpa

Modemesse Premium: Couture für Chinesen

Auf der Premium suchen Chinesen individuelle Mode, die bei ihnen nicht produziert wird. Doch das Zusammenkommen mit den Ausstellern bedarf der Übersetzung - "Matchmaker" sollen beim Business helfen.

Zhu Weiming ist mit seinem Tag rundum zufrieden: „So viele tolle Marken wie hier habe ich noch nie gesehen.“ Einige Stunden ist der junge Chinese über die Modemesse Premium gestreift, hat Kontakte geknüpft – nicht ganz einfach, denn er spricht kaum Englisch. Aber dafür hat er eine Dolmetscherin dabeigehabt.

Zhu Weiming ist im Auftrag einer chinesischen Boutique unterwegs. Er gehört zu einer Gruppe von dreißig chinesischen Einkäufern, Modemanagern und Fachjournalisten, die sich auf der Fashion Week umschauen.

„Hier in Berlin suchen chinesische Einkäufer vor allem nach junger Freizeitmode. In Paris geht es natürlich mehr um Couture", erläutert Lin Yadai, der in China Modehändler berät. Zhu Weiming ist anders. Gezielt habe er sich „kleine, künstlerische Labels“ angesehen, sagt er.

Dass er innerhalb der Gruppe eine Ausnahme bildet, sieht man ihm an. Er ist in avantgardistisches Schwarz gekleidet, trägt eine eigenwillige Designerbrille und eine wilde Frisur, die anderen bevorzugen Jeans und Hemd. Er steht für das neue China, seine Boutique verkauft ein individuelles, anspruchsvolles Markensortiment – und ist damit noch eine Rarität. Bislang dominieren exklusive Shops ausländischer Luxusmarken beziehungsweise riesige einheimische Modehändler für den Massenmarkt.

Die meisten aus der Gruppe kommen von Unternehmen mit hunderten, teilweise tausenden Filialen. „Hier sind gerade die Vertreter von insgesamt 20 000 Läden versammelt“, sagt Bon Ge. Er ist Herausgeber eines Fachmagazins für den chinesischen Modehandel. Aber auch für diese Massenanbieter ändere sich gerade einiges: „In China wächst eine junge, kaufkräftigte Generation heran, die Wert auf größere Individualität legt“, sagt er.

Auf diese Nachfrage müssen die Händler reagieren, etwa indem sie ausländische Marken ins Sortiment aufnehmen. Die jüngeren Chinesen in den großen Städten seien im Wohlstand aufgewachsen und daher viel selbstbewusster als die älteren. Sie bräuchten keine teuren Marken mehr, um ihren Status zu demonstrieren. Da zudem eine zahlungskräftige Mittelschicht heranwächst, bieten sich so auch kleineren deutschen Modeunternehmen Möglichkeiten. So suchen nun Mittelständler wie Basler oder Blacky Dress ihre Chance auf dem chinesischen Markt.

Doch dieser Markt ist ein Mythos. Aufgrund der schieren Größe des Landes und der sozialen und kulturellen Unterschiede gibt es ihn eigentlich nicht, sondern viele verschiedene Märkte. „Manche Gebiete sind arm wie Afrika, andere auf dem Niveau der reichsten Regionen in Europa“, sagt Bon Ge.

Auf diese und andere Eigenarten gilt es Rücksicht zu nehmen. Und so herrscht bei den chinesischen Einkäufern, die sich erstmals nach deutschen Marken umsehen, wie bei den hiesigen Unternehmen, die in China Fuß fassen wollen, Orientierungsbedarf. Noch ist vieles Neuland. Die Modejournalistin Claudia Carillon kennt China seit fast 40 Jahren und führt die Besuchergruppe durch Berlin. Sie reist auch mit deutschen Marken nach China und sieht die Entwicklung ähnlich wie Bon Ge: „Junge Chinesinnen wollen nicht teuer einkaufen, aber etwas Neues haben. Das können die Chinesen im Moment nicht bieten, deshalb brauchen sie jetzt Europäer, gerade kleinere Marken.“

Noch benötigen die potenziellen Partner, die aus so unterschiedlichen Kulturen kommen, Hilfe, um zueinanderzufinden. Die Premium betätigt sich deshalb aktiv als Vermittler. „Matchmaking“ nennt Messechefin Anita Tillmann das Programm, bei dem gezielt Aussteller und Einkäufer einander vorgestellt werden. Das Kennenlernen hat schon begonnen.

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