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Lange Schlangen, lange Wartezeiten, schlechte Stimmung: Die Bezirke kommen kaum noch nach.

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Moratorium für Stellenabbau: Berlin wächst - die Bezirke fordern mehr Personal

Berlin wächst und wächst. Bis 2030 ist mit 400.000 neuen Hauptstadtbewohnern zu rechnen. Die Folge sind lange Schlangen, lange Wartezeiten und schlechte Stimmung in der Verwaltung. So kann es nicht weitergehen, sagen die Bezirke.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner Bezirke fordern mehr Personal, um ihre Aufgaben in einer wachsenden Stadt vernünftig zu können. Der Rat der Bürgermeister will im Juli ein Konzept vorlegen, in dem der Senat aufgefordert wird, auf weitere Stellenstreichungen zu verzichten. Eigentlich sollen die Bezirke bis Ende 2016 insgesamt noch 1457 Vollzeitstellen einsparen. Besonders betroffen wären Treptow-Köpenick (309 Stellen), Lichtenberg (274), Mitte (223), Marzahn-Hellersdorf (175) und Friedrichshain-Kreuzberg (139).

2013 wuchs die Bevölkerung Berlins um 44.000 Menschen

Verbindliche Vorgaben der Finanzverwaltung, wieviele Stellen den einzelnen Bezirken künftig zustehen, lehnen die Bürgermeister für die Zukunft ab. Stattdessen sollen die Bezirke in die Lage versetzt werden, ihre „personalpolitischen Strategien den aktuellen Bedingungen anzupassen“, heißt es im Papier. Im letzten Jahr wuchs die Bevölkerung Berlins um 44.000 Menschen. Bis 2030 könnte die Einwohnerzahl um 400.000 wachsen. Zum Vergleich: Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn hat 330.000 Einwohner.

Der Rotstift, der vom Senat angesetzt wurde, passe nicht zu dieser Entwicklung, heißt es. Aufgrund von Sparvorgaben, die von den Koalitionsfraktionen SPD und CDU bis vor kurzem mitgetragen wurden, verringerte sich seit 2009 die Stellenzahl in den Bezirken von 22.197 auf 20.316. Mit dem Ergebnis, dass die Schlangen in den Bürgerämtern immer länger werden, Parkanlagen verwildern, Bibliotheken geschlossen werden und Anträge auf Sozialleistungen oder Baugenehmigungen zu spät bearbeitet werden. Ordnungsämter und Lebensmittelkontrolleure schaffen ihr Pensum nicht mehr, die Stimmung in den Behörden ist schlecht. Die Bezirke, das beklagen viele Bürgermeister inzwischen öffentlich, können kommunale Leistungen nur noch eingeschränkt erbringen.

Der Lichtenberger Bürgermeister Andreas Geisel weiß um die Finanzprobleme der Stadt, sagt aber: Jetzt muss Schluss sein mit Personalbbau.
Der Lichtenberger Bürgermeister Andreas Geisel weiß um die Finanzprobleme der Stadt, sagt aber: Jetzt muss Schluss sein mit Personalbbau.

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„Wir ignorieren die Finanzprobleme Berlins nicht“, sagt beispielsweise der Lichtenberger Bürgermeister Andreas Geisel (SPD). Die Bezirke hätten sich bisher auch an die mit dem Senat vereinbarten Sparpläne gehalten. Aber jetzt müsse es für den Stellenabbau ein Moratorium geben. Und dort, wo die Bevölkerung wachse, müsse zusätzliches Personal eingestellt werden. Die Hoffnungen der Bezirke richteten sich auch auf die Senatsklausur am Mittwoch. Doch im Abschlussbericht der AG „Wachsende Stadt“, der in der Kabinettssitzung beraten wurde, steht nichts Konkretes.

Senat legt erst im Herbst Personalentwicklungskonzept vor

Der Senat werde den „sich aus der demographischen Entwicklung ergebenden Personalbedarf decken“, heißt es im Bericht. Dazu werde der Personalbedarf für interne Verwaltungsaufgaben stärker reduziert und so die Zahl der „unmittelbar im Dienst für die Bürger tätigen Mitarbeiter“ erhöht. Das wäre eine Verlagerung, keine Vermehrung des Personals. Steigende Anforderungen im „planerischen Bereich“ und für die öffentliche Daseinsvorsorge würden „im Rahmen der Vorbereitung des nächsten Doppelhaushalts 2016/17“ berücksichtigt. Der Ermittlung des künftigen Stellenbedarfs sollten eine „Aufgabenkritik sowie eine Geschäftsprozessoptimierung“ vorausgehen.

Voraussichtlich erst im Herbst wird der Senat ein Konzept für die Personalentwicklung bis 2020 vorlegen. Die Regierungsparteien SPD und CDU haben bereits signalisiert, dass sie angesichts der rapiden Bevölkerungsentwicklung in Berlin und den damit verbundenen Anforderungen an die öffentliche Verwaltung an der Seite der Bezirke rücken. Grüne, Linke und Piraten fordern ebenfalls eine Neuorientierung des Senats bei der Stellenpolitik. Es geht darum, dicke Bretter zu bohren. Denn Personal kostet – viel Geld. Im vergangenen Jahr lagen die Personalausgaben des Landes Berlin bei 6,94 Milliarden Euro. Für 2015 sind 7,33 Milliarden Euro veranschlagt. Zusätzliche Stellen treiben die Ausgaben weiter in die Höhe.

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