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Mord an Wachmann: Messerstecher: "Ich hatte keine Kontrolle mehr"

Unter Tränen hat ein 22-Jähriger seinen Überfall auf einen Supermarkt in Reinickendorf gestanden, bei dem ein Wachmann erstochen wurde. Zeugen beschrieben den Angeklagten als "brutal ohne Ende".

Mit einem Teilgeständnis des Angeklagten ist am Donnerstag vor dem Landgericht Berlin der Prozess um den Mord an einem Wachmann bei einem Supermarktüberfall in Reinickendorf fortgesetzt worden. Der 22-Jährige räumte unter Tränen ein, sich aus Geldsorgen zu dem Überfall entschlossen zu haben. Er berichtete auch davon, mit einem Messer den Markt betreten und sich mit den Angestellten unterhalten zu haben. Danach sei bei ihm eine Art Kontrollverlust eingetreten und er könne sich nur schlecht daran erinnern, was vorgefallen sei.

Dem früheren Marktangestellten wird vorgeworfen, am 21. Dezember vorigen Jahres seine frühere Arbeitsstätte in Konradshöhe überfallen und dabei einen 20-jährigen Wachmann durch mehrere Messerstiche, darunter in den Hals, getötet zu haben. Der 45-jährige Filialleiter und ein 24-jähriger Kassierer waren entweder durch Stiche oder Nahschüsse aus einer Schreckschusswaffe zum Teil schwer verletzt worden. Dem Einzelhandelskaufmann wird daher auch versuchter Raub, Mordversuch sowie Körperverletzung zur Last gelegt. Der Angeklagte war noch am Tatort festgenommen worden.

Keine Worte des Bedauerns

Vor Gericht wollte sich der Angeklagte nur bruchstückhaft an das Geschehen erinnern können. Nach dem Gespräch mit den ehemaligen Kollegen habe ihn der Wachmann zur Tür gebracht. Dabei sei ihm "komisch" geworden. "Ich hatte keine Kontrolle mehr", gab er an. Der Anklage zufolge hatte er den Wachmann auf dem Weg zur Tür von hinten angegriffen.

Im Prozess gab er an, "vor dem Wachmann" gestanden, ihm das Messer gezeigt und gebeten zu haben, ruhig zu sein. Doch der 20-Jährige sei gleich auf ihn losgegangen. Er habe nur noch weg gewollt, sei ins Büro zurück und habe die ehemaligen Kollegen aufgefordert, sich hinzulegen und ihm den Schlüssel zu geben. In dem Moment seien die Kollegen und der Wachmann auf ihn "drauf". Er erinnere sich auch an ein Handgemenge und an zwei Schüsse. "Erst von der Polizei habe ich erfahren, dass ich für den Tod eines Mitbürgers verantwortlich war", sagte er. Trotz aller Tränen fand der Angeklagte keine Worte des Bedauerns oder der Reue.

Filialleiter  stand Todesängste aus

Erster Zeuge im Prozess war der beim Überfall ebenfalls schwer verletzte Filialleiter. Auch er wurde von einem Stich in dem Hals und einem Nahschuss verletzt. Er habe Todesangst gehabt und geglaubt, sterben zu müssen, sagte der 45-Jährige. Er erinnerte sich, zunächst noch eine "ganz normale Unterhaltung" mit dem früheren Angestellten geführt zu haben. "Eine halbe Stunde später hat er nur noch aus Wut bestanden", sagte der Filialleiter.

Sein Eindruck sei gewesen, dass es dem 22-Jährigen nicht mehr ums Geld, sondern nur noch darum gegangen sei, "Menschen zu schaden". Er sei dabei "ganz ruhig und ziemlich klar", aber "brutal ohne Ende" gewesen, sagte der Filialleiter weiter. Auf sein Angebot, die Kasse zu nehmen und zu verschwinden, sei der Angeklagte nicht eingegangen.

Obwohl der Wachmann schwer verletzt gewesen sei, habe er es noch geschafft, den Angeklagten in ein Handgemenge zu verwickeln, so dass er und der Kollege hätten fliehen können, sagte der 45-Jährige. Am Ausgang sei er jedoch wieder auf den Angeklagten getroffen. "Ich stand wie ein Kaninchen vor dem Jäger und sah das Messer in seiner Hand", sagte er. Dann habe der 22-Jährige ihm in den Hals gestochen. Er habe fürchterlich geblutet, und Angst gehabt, zu sterben. Um zu überleben, habe er dem Angreifer ins Messer gegriffen, es weggedreht und zugestochen. Der Angeklagte war verletzt im Haftkrankenhaus behandelt worden.  Der Prozess wird kommenden Donnerstag fortgesetzt. (ho/ddp)

Beatrix Boldt[ddp]

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