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Eine Funkstreife im Einsatz.

© dpa

Mord im Wettlokal: Geheimnis um das Mord-Video

Sowohl die Polizei als auch das spätere Opfer wussten von den Drohungen des Hells Angels-Bosses Kadir P. - trotzdem konnte der Mord an Tahir Ö. nicht verhindert werden. Offen bleibt, warum die Behörden ein Video der Bluttat zeigten.

Die Polizei wusste seit längerem, dass Hells Angels-Boss Kadir P. eine Todesdrohung gegen Tahir Ö. und zwei weitere Männer ausgesprochen hatte. Wie berichtet, hatten 13 teils vermummte Männer am 10. Januar ein Wettbüro in der Residenzstraße gestürmt, in dem Tahir Ö. beim Kartenspiel saß. Einer der Männer tötete den als Intensivtäter bekannten Ö. mit sechs Kugeln.

"Wir haben letztes Jahr einen verdeckten Hinweis erhalten, dass der Anführer eines Rockervereins einen Aufruf zur Tötung von drei Personen gegeben haben soll", sagte Polizeisprecher Stefan Redlich am Samstag. Ob der Hinweis aus der Rockerszene stammte, wollte Redlich nicht sagen. Neben Tahir Ö. standen ein Freund des Getöteten und ein Polizeibeamter auf der Todesliste. Alle drei waren im vergangenen Oktober an einem Streit vor der Diskothek "Traffic" in Mitte beteiligt, bei der ein Türsteher mit Verbindungen zu den Hells Angels niedergestochen wurde. "Wir haben Ermittlungen eingeleitet, konnten den Hinweis aber nicht weiter verifizieren", so Redlich.

Auch Tahir Ö. soll gewusst haben, dass der Rockerboss nach ihm suchte. Wahrscheinlich aus diesem Grund hatte er sich vorübergehend ins Ausland abgesetzt. Laut Redlich habe er deshalb nicht gewarnt werden können. Warum Ö. trotz der Todesdrohung nach Berlin zurückkehrte, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Trotz der Drohung hatten die Ermittler auch darauf verzichtet, Kadir P. im Rahmen einer Gefährderansprache mit den Vorwürfen zu konfrontieren. „Wir müssen immer abwägen, ob eine Ansprache Sinn macht“, sagt Redlich. Im Fall von Kadir P. sei man sicher gewesen, dass er die Warnungen der Polizei ignorieren würde. Wie die Polizei darauf kam? „Aus den Erfahrungen der Vergangenheit.“

Interessant ist außerdem die Frage, weshalb Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz am Freitag das Video des Mordes im Wettlokal vorführte. Hilft es bei der Tätersuche wirklich, die Tat von 13 meist vermummten Leuten und die Todesschüsse in diesem öffentlichen Rahmen zu dokumentieren? Die Polizei sagt, sie habe das Video auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft gezeigt. Die wollte sich am Samstag auf Nachfrage nicht dazu äußern.

Inklusive P. sitzen sechs Männer in Untersuchungshaft, acht Tatbeteiligte sind noch auf freiem Fuß. Erst als die ersten Festnahmen erfolgt waren, stellte sich der Rockerboss. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gemeinschaftlichen Mordes, Kadir P. wird Anstiftung zum Mord vorgeworfen.

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