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Berlin: Mordanschlag missglückt: "Togal"-Tabletten statt Ecstasy - Frau wollte Tyrannei des Mannes entkommen

Cornelia P. sieht älter aus, als sie ist.

Cornelia P. sieht älter aus, als sie ist. Offensichtlich hat die jahrelange Tyrannei durch ihren Mann die 38-Jährige vorzeitig altern lassen. Eine Tyrannei, der sich die Mutter von vier Kindern durch die Ermordung ihres Mannes Wolfgang P. befreien wollte. Deshalb muss sich Cornelia P. seit Mittwoch vor dem Berliner Landgericht verantworten. Mitangeklagt ist ihr 18 Jahre alter Sohn René, der die vermeintlichen Ecstasy-Pillen besorgt hatte, mit denen das Verbrechen ausgeführt werden sollte. Dass es sich bei den weißen Tabletten mit dem großen "T" darauf, die René schließlich organisierte, nicht um die Modedroge Ecstasy, sondern lediglich um harmlose "Togal"- Tabletten handelte, ändert nichts an der Strafbarkeit. Und so lautet die Anklage auf versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung, sowie Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Irgendwann im April oder Mai 1998, so die Staatsanwaltschaft, soll die Angeklagte ihrem Mann die Tabletten in der Hoffnung in den Kaffee gerührt haben, dass die Einnahme des Betäubungsmittels für Wolfgang P. tödlich sein würde. Gegen Mitternacht des Tattages kam P. nach Hause und trank nichtsahnend den für ihn vorbereiteten Kaffee aus, ohne dass es Auswirkungen hatte. "Am nächsten Tag stand er auf und steckte sich eine Zigarette an. Ganz normal, wie immer", erzählte Cornelia P.

Das Mordkomplott flog auf, weil das Mädchen, das die vermeintlichen Ecstasy-Pillen für René besorgt hatte, beim Handel mit der angeblichen Droge auffiel. Sie wurde angezeigt und berichtete der Polizei vom Weiterverkauf an René. Dadurch erfuhr Wolfgang P. erst Monate später von dem Attentat durch seinen Stiefsohn René und seine Frau.

Dass Wolfgang P. Cornelia P. regelmäßig prügelte und auch den Kindern, die von anderen Vätern stammen, das Leben zur Hölle machte, bestätigte auch René P. "Irgendwann hat man es satt, dann will man den Ärger loswerden", sagte der 18-jährige, der mit 14 Jahren von zu Hause aus- und in ein Heim gezogen war.

Der 45-jährige Wolfgang P. bestritt, seiner Frau gegenüber jemals handgreiflich geworden zu sein. Der korpulente, zur Kahlköpfigkeit neigende Mann mit dem zum Pferdeschwanz gebundenen Resthaar erzählte, dass seine Frau heimlich Kredite aufgenommen und dazu seine Unterschrift gefälscht habe. Deswegen habe es schon mal "Streit" gegeben. "So wie wohl in jeder anderen Familie." Dass er sie und seine Stieftöchter sowie Söhne regelmäßig geschlagen und sie zudem wie Gefangene behandelt habe, stritt er ab. Höchstens René will er früher ab und zu "eine hinten drauf gegeben" haben. Aber auch bei ihm habe er eher mit Fernsehverboten pädagogisch interveniert. Offensichtlich hatte der Auftritt von Wolfgang P. einen bleibenden Eindruck beim Vorsitzenden hinterlassen. "Das Gericht ist zu der Auffassung gelangt, dass die Angeklagte auf Grund der familiären Situation möglicherweise in ihrer Schuldfähigkeit eingeschränkt war", sagte er und verfügte zunächst die Untersuchung von Cornelia P. durch einen psychiatrischen Sachverständigen, was auch ihr Verteidiger Rechtsanwalt Heinz-Joachim Hentschke angeregt hatte. Deshalb wurde ihr Verfahren zunächst von dem ihres Sohnes abgetrennt.

René P. kam mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren davon, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Peter Murakami

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