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Berlin: Mordfall Kristina: Polizei jagt zwei Verdächtige

Die Männer wurden mit einem Rollkoffer in der Nähe des Tatorts gesehen. 14-jähriges Mädchen führte offenbar ein Doppelleben

Der verkohlte Brandfleck, der zurückgeblieben war, ist nicht mehr zu sehen. Blumen, Kerzen und Kuscheltiere bedecken ihn. Immer wieder bleiben Menschen stehen, kopfschüttelnd. Zehn Tage ist es heute her, dass hier im Neuköllner Park Thomashöhe die 14-jährige Kristina Hani bei lebendigem Leib in einem Rollkoffer verbrannt wurde. Auf einem Banner, das Kiez-Anwohner am Tatort aufgehängt haben, steht: „Schlechtes Gewissen sollte Dich/Euch plagen, denn wir wissen, die Polizei wird Dich/Euch jagen“.

Und offenbar ist die Polizei wirklich dem oder den Mördern Kristinas auf der Spur. Zeugen wollen zwei Männer am Montagabend zur Brandzeit mit einem Rollkoffer in Tatortnähe gesehen haben. Beide sind „südländischen Typs“, 20 bis 25 Jahre alt, schlank und haben dunkle, kurze Haare. Einer trug eine Baseballmütze und eine rote, dünne Windbreakerjacke. Zunächst wurden die beiden an der Hermann- Ecke Silbersteinstraße gesehen, kurze Zeit später dann direkt an der Thomashöhe – unweit des Tatorts. „Wir gehen davon aus, dass Kristina in dem Rollkoffer war, den die Männer zogen“, sagt Chef-Ermittler Thomas Scherhandt.

Es war wohl ein Doppelleben, das Kristina geführt hat. „Das Bild von der braven, unschuldigen Gymnasiastin stimmt nicht“, sagt ein Fahnder. Kristina sei auf dem Weg gewesen, richtig ins Drogenmilieu abzugleiten. Dabei ging es schon lange nicht mehr um ein paar Joints, die sie rauchte. Seit längerem soll die 14-Jährige Ecstasy-Pillen genommen und offenbar auch andere harte Drogen wie Kokain konsumiert haben. „Ihr Bekanntenkreis kippte in Richtung Drogenszene“, sagt der Fahnder. Doch in diesem kriminellen Milieu sei es besonders schwer zu ermitteln. Deshalb setzt die Polizei auf die 5000 Euro Belohnung: Sie erhofft sich, dass das Geld genügend Anreiz bietet, für jemanden, der doch etwas Entscheidendes zu sagen hat. Doch es seien „Hunderte von flüchtigen Bekanntschaften aus der Drogenszene“, die Kristina hatte. Hinzu kommen die vielen Internet-Kontakte aus den Chatrooms. Stundenlang habe Kristina am Computer gesessen, Fotos von sich veröffentlicht und neue Kontakte geknüpft.

Für die Kripo geht es vor allem darum, eine Lücke im Leben Kristinas zu schließen: Es sind die letzten 24 Stunden vor ihrem Tod. Hat sie bei ihrem Dealer Unterschlupf gefunden, nachdem sie am vorigen Sonntagabend gegen 23 Uhr die Wohnung ihrer Mutter in Neukölln verließ? Die Ermittler halten dies für wahrscheinlich. Doch mit wem war sie zusammen? Und wer hat ihr die Drogen verkauft?

Fragen, auf die auch die Mitschüler im Ernst-Abbe-Gymnasium keine Antworten haben. Auch gestern verabschiedeten sich einige auf ihre Art von Kristina, mit persönlichen Worten im Kondolenzbuch. Es scheint, als habe niemand etwas vom Doppelleben Kristinas und ihrem Abgleiten in die Drogenszene mitbekommen. Die Schulleiterin möchte sich dazu nicht mehr äußern. „Wir wollen sie als intelligente, attraktive und beliebte Schülerin in Erinnerung behalten“, sagt sie. Doch Anzeichen für Kristinas Probleme gab es: Innerhalb von zwei Jahren ist sie vom Hochbegabten-Gymnasium zunächst auf das Albrecht-Dürer-Gymnasium gewechselt und dann auf die Ernst-Abbe-Schule. Auch ein Familienhelfer vom Jugendamt war bereits eingeschaltet, damit Kristina ihre Probleme – auch die Spannungen zur Mutter – in den Griff bekommt. Und die Mutter? „Die wusste nicht viel“, sagt ein Ermittler.

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