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Berlin: Mordprozess: Suizidversuch im Gefängnis

Däne außer Lebensgefahr, der seine Kinder tötete.

Potsdam - Die Vollzugsbeamten bemerkten bei ihrem Kontrollgang am Morgen um 5.30 Uhr nur ein lautes Schnarchen in Zelle 14149 der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel. Aber Peter-Thue R. (40) ließ sich nicht wecken und kam ins Krankenhaus. Es war ein Selbstmordversuch mit heimlich gehorteten Schlaftabletten. Eigentlich sollte er am gestrigen Donnerstag am Landgericht Potsdam sitzen und sich anhören, was seine Ex-Frau Christine O. (40) sagt – über ihn und den zweifachen Mord an beiden gemeinsamen Töchtern, für den er sich vor Gericht verantworten muss. Mehrere Stunden lang blieb völlig unklar, ob der Prozess fortgesetzt werden kann. Erst gegen Mittag verkündete das Gericht, R. sei außer Lebensgefahr.

Christina O., eine schlanke Frau mit dunklem Lockenhaar und traurigen Augen, war somit umsonst aus Dänemark angereist. Anwalt Matthias Schöneburg, der sie als Nebenkläger vertritt, fand harte Worte für den Dänen: „Wenn er sich wegen seiner Schuld umbringen will, hätte er das früher machen können. Aber das passt zu ihm, feige und egoistisch, ein theatralischer Versuch und eine neue Machtdemonstration“ gegenüber der Mutter.

Die wollte dem Gericht gestern eigentlich berichten, dass ihr Ex- Mann im August 2011 kurz vor seinem Urlaub mit den Kindern sagte, es werde etwas passieren. Und wenn er beide Mädchen und das Sorgerecht nicht bekomme, dann solle auch sie es nicht haben.

R. hatte vor Gericht bereits gestanden, Sofie (9) und Marlene Marie (10) in einem Wald bei Börnicke am Autobahndreieck Havelland im Auto verbrannt zu haben – laut Anklage, weil seine Ex-Frau das Sorgerecht zugesprochen bekam und er ihr die Kinder nicht gönnte. Ihnen hatte er Schlafmittel gegeben, im Wagen zwei Benzinkanister geleert und angezündet. Die Kinder saßen angeschnallt auf der Rückbank. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht, dass auch er sich umbringen wollte, im letzten Moment aber aus dem Auto stieg.

Bereits vergangene Woche saß Christina O. als Zuschauerin im Gerichtssaal, sah die an die Wand projizierten Fotos der verkohlten Leichen. „Sie wollte vorbereitet sein auf das, was auf sie zukommt“, sagte Schöneburg. Als R. seine Ex-Frau entdeckte, war er schockiert, wie sein Anwalt Thomas Arndt berichtete. Die ganze Zeit wandte er sich vom Publikum ab und verbarg seine Augen hinter der Hand. „Meine Mandantin will eine Aussage im Angesicht des Angeklagten machen“, sagte Schöneburg. „Für sie ist es wichtig, ihm in die Augen zu schauen.“

R., den die Ärzte erst Ende Februar als nicht selbstmordgefährdet einstuften, wird künftig scharf kontrolliert, sagte ein Justizsprecher. Er wurde bereits in Dänemark psychologisch behandelt, bekam auch im Knast Antidepressiva und Schlaftabletten. Die Gerichtspsychologin bescheinigt ihm eine narzisstische Störung.

Der Prozess verzögert sich nicht. Nächste Woche kommen Zeugen aus dem Umfeld von R., seine Ex-Frau ist nun für Anfang Mai geladen. Für sie sei das sehr „belastend“, sagte Anwalt Schöneburg. Den Selbstmordversuch aber betrachte sie „emotionslos“. Alexander Fröhlich

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