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Berlin: Mozart ist ein Rapper

Neuköllner Schüler spielen die „Zauberflöte“ nach – mit harten Reimen statt lieblichen Klängen

Zwischen Klassik und knallhartem Rap liegen Welten. In Neukölln ist das anders.

In Neukölln sind es Sekunden.

Gestern Mittag, Kepler-Schule: In der Aula rutschen 250 Hauptschüler auf ihren Stühlen hin und her. Vorn läuft die „Zauberflöte“, ein großes Kulturstück, unterlegt mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Schüler hören genau hin, denn jeden Moment kann er losgehen, der Beat. Und plötzlich hüpfen die Schauspieler in den bunten Kostümen von der Bühne, jetzt hält ein Mädchen das Mikrofon in der Hand. Es rappt:

„Willkommen im Ghetto,

Neukölln Fourtyfour/

der Bezirk, in dem ich lebe,

ist richtig hardcore!“

In den ersten Reihen in der Aula der Kepler-Schule sitzen Lehrer, Politiker, der türkische Generalkonsul Ahmet Nazif Alpman. Auch für sie ist das Stück „Mozart rappt die Zauberflöte“ vor einer bunten Graffiti-Wand durchaus gewöhnungsbedürftig. Die Schirmherrschaft hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) übernommen.

Das Projekt hat gleich mehrere Vorteile. Die Jugendlichen an der Kepler- Schule, die meisten zwischen 13 und 15 Jahre alt, haben eine sinnvolle Beschäftigung, der sie mit beeindruckender Leidenschaft nachgehen. Und: „Sie lernen dabei auch etwas über Kultur“, sagt der Leiter der Neuköllner Paul-Hindemith- Musikschule, Volkmar Bussewitz.

Ein Stück wie die „Zauberflöte“ in Neukölln zu veranstalten, sei „eher gefährlich“, sagt Bussewitz. Das Werk sei nicht modern, die Musik habe ein verstaubtes Image, „da musst du erst einmal junge Schüler finden, die Lust haben, sich darauf einzulassen“, sagt er. Aber es funktioniere überraschend gut: Die Schüler dürfen sich selbst einbringen und rappen frei nach Mozart, sie müssen also nichts nachspielen. „Und rappen können die Jungs wirklich“, sagt er. „Da können wir als Musikschule auch profitieren.“

Die 13 Schüler, die bei der Rapvariante der Zauberflöte auf der Bühne stehen, kommen von sechs Neuköllner Schulen. „Türken, Jugoslawen und Deutsche“, sagt Bussewitz, „eine typisch Neuköllner Mischung eben.“ Im Vorprogramm durfte die Rütliband ans Mikrofon und den Schülern schon einmal einheizen. Noch fünf weitere Male wird das Projekt zu sehen sein; ab Januar wird die Besetzung geändert. Dann spielen die Schüler im Kinder- und Jugendzentrum „Manege“ in der Rütlistraße. AG

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