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Berlin: Mozart-Jäckchen und Plastik-Pumps

Die Modemessen zeigen, was Trend wird – aber nur den Fachbesuchern. Wir verraten schon mal, wie der Sommer 2006 aussieht

Der nächste Sommer wird bunt. Das ist ja eigentlich schon mal eine gute Nachricht für all jene internationalen Fachbesucher, die bis Sonntag auf den drei Modemessen Bread & Butter, Premium und Bin-Berlin unterwegs sind und ausgiebig über den Regen in Berlin schimpfen. Der klassische gelbe Friesennerz schaffte es sogar zeitweise, die sonstige Dominanz von Badelatschen, kleinen Tops und Sommerröcken zu verdrängen.

Also volle Konzentration auf die Mode für das nächste Jahr: Zum Bespiel die von Kyung Hee Lee, die auf der Bread & Butter in Spandau anzutreffen war. Die koreanische Designerin mischt Einflüsse aus Fernost und dem Wilden Westen und nennt das ganze dann „Neo-Orientalismus“. Auf Jeansblazer stickt sie bunt schillernde Kois, die Goldfische Asiens. Auf zerfetzten Nieten-Shirts prangen silberne Tiger.

Der Ethnolook, der schon für diesen Sommer ausgerufen wurde, bleibt uns also noch ein weiteres Jahr erhalten – mal sehr weiblich mit Pailettenstickereien und mehrlagigen Röcken wie beim dänischen Label Noa Noa, mal eher dezent edel wie bei Boss Orange, der neuen Linie von Hugo Boss.

Die Fußball-WM im nächsten Jahr ist nicht nur sportlich ein wichtiges Thema. Das französische Sportlabel Le Coq Sportif stattet zwar keine einzige Nationalmannschaft aus – dafür hat der Designer Jean Charles de Castlebajac für Länder wie Nepal, Papua-Neuguinea und die Cayman Islands Fantasie-Trikots für modische Fans entworfen.

Überhaupt erfreut sich die Zusammenarbeit von Designergurus mit großen Unternehmen einer wachsenden Beliebtheit. Der bekannte Möbeldesigner Karim Rashid hat für die brasilianische Schuhmarke Melissa, die ihr Geld vor allem mit Plastiksandalen für die Copacabana verdient, futuristische Pumps entworfen, die aussehen, als seien sie direkt aus dem Raumschiff Enterprise gebeamt worden.

Ganz weit in die Vergangenheit geht dagegen das Hamburger Denim-Label Closed: Weil 2006 der 250. Jahrestag von Wolfgang Amadeus Mozart ansteht, gibt es hier einen komplett verzierten Rokoko-Anzug aus Jeansstoff. Manchmal reicht eben der runde Geburtstag eines Musikgenies, um einen neuen Modetrend ins Leben zu rufen.

Auch auf der zweitgrößten Messe Berlins, der Premium, wird keine Zeit vertrödelt. Trotz diverser Partys am Donnerstagabend war die Premium am Freitagmorgen schon eine halbe Stunde nach Öffnung gut besucht. In den U-Bahntunnel unterm Potsdamer Platz strömte das Fachpublikum vor allem, um kleinere Labels zu begutachten, darunter viele Berliner wie Just Mariot, Firma und Esther Perbandt. Am neuen Standort, dem ehemaligen Postverteilungsamt am Gleisdreieck, ist mehr Platz – auch für große, aufwändig gebaute Stände von Marken, die sich’s leisten können. Auf der Premium tauchen neben kleinen, innovativen Firmen auch durchaus bekannte Namen wie Strenesse, Rena Lange, Missoni oder Moschino auf.

Ein neuer Trend sind Designerjeans aus den USA, die im Laden um die 200 Dollar kosten, dafür aber laut Hersteller umwelt- und sozialverträglich produziert werden, das heißt: nicht in Sweatshops unter ausbeuterischen Bedingungen oder gar mit Kinderarbeit, sondern von ordentlich bezahlten Facharbeiterinnen. Mit diesen Kriterien werben auch Marken wie Loomstate und die Veteranin unter den politisch korrekten Modemachern, die Engländerin Katharine Hamnett. Die Kleidung ist dabei weder flippig noch übermäßig trendig, sondern vor allem tragbar.

Eins ist sicher: Jeans bleiben wichtig. Auch Verzierungen mit Druck, Perlen, Garn und Strass auf Jeans und feldgrünen Stoffen sind in, dazu gibt es viele bunt bedruckte Blusen und Kleider. Auf den zahlreichen Partys am Rande der Modemessen war allerdings Eleganz angesagt: Hugo Boss bat die Gäste des Modedefilees am Freitagabend in der Deutschen Oper um stilvolles Erscheinen.

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