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Ramona Pop, Michael Müller und Klaus Lederer (rechts) am Samstag bei der Gedenkfeier zum Mauerbau.

© Jörg Carstensen/dpa

Update

Müller-Äußerungen zu Rot-Rot-Grün: Henkel: "Müller wechselt die Haltung wie Leute die Unterwäsche"

Angesichts knapper Umfragen spielt der Regierende Bürgermeister Michael Müller mit dem Gedanken an Rot-Rot-Grün in Berlin. Die Wahl in Berlin wird zur Richtungsentscheidung.

Von Sabine Beikler

Auch CDU-Spitzenkandidat und Innensenator Frank Henkel reagierte auf Michael Müllers Rot-Rot-Grün-Kurs. "Müller wechselt in manchen Fragen die Haltung wie Leute die Unterwäsche. Er sagte mal, dass er nicht Rot-Rot-Grün wolle. Warten wir mal ab was nächste Woche passiert." Solche "Spielchen" kenne er aus dem Jahr 2011, sagte Henkel auf einer Pressekonferenz.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) legt nämlich vor der Abgeordnetenhauswahl am 18. September den Fokus auf Rot-Rot-Grün. Zehn Jahre Rot-Rot in Berlin von 2001 bis 2011 „waren ein Signal. Nicht für den Bund, aber für andere Bundesländer, weil wir deutlich gemacht haben, dass SPD und Linke verlässlich zusammenarbeiten“, sagte Müller in der "Bild am Sonntag". Rot-Rot-Grün könne wieder so ein Signal sein, „auch wenn Dreier-Konstellationen nicht so einfach und auch nicht wünschenswert sind“. Damit ist in Berlin der Lagerwahlkampf gestartet.

In der SPD trifft die Aussage von Müller auf große Sympathie. Eine deutliche Mehrheit der Berliner Sozialdemokraten unterstützt einen politischen Wechsel. Ein Zweierbündnis Rot-Grün wird zwar favorisiert. Angesichts der aktuellen Umfragen gibt es dafür aber keine Mehrheit. Die Berliner SPD steht derzeit bei 23 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 19 und der CDU mit 18 Prozent. Die Linke kommt auf 15 Prozent, die AfD auf 14 Prozent. Die FDP würde mit fünf Prozent ins Abgeordnetenhaus einziehen.

Der SPD-Spitzenkandidat distanzierte sich deutlich von der Berliner CDU. Er möchte mit einem Koalitionspartner eine „offene Großstadtpolitik“ machen, sagte Müller. Das werde mit der CDU immer schwieriger. „Die CDU wird zunehmend zum Bremser und Blockierer.“ Das habe der Berliner CDU–Spitzenkandidat und Parteichef Frank Henkel gerade erst wieder demonstriert, als er sich gegen die doppelte Staatsbürgerschaft aussprach.

Berliner CDU reagiert scharf

Die Berliner CDU reagierte scharf auf Müllers Aussagen. Nur einen Tag nach dem Gedenken an die Maueropfer „lässt er die Maske fallen“, kommentierte Generalsekretär Kai Wegner die Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters. „Müller entpuppt sich als vermeintlich Bürgerlicher im linken Schafspelz.“ Wer ein Linksbündnis nicht nur in Berlin, sondern auch noch im Bund ernsthaft als Option erwäge, möchte eine andere Stadt, so Wegner. Angesichts großer Herausforderungen wie der Flüchtlingsintegration, dem Wohnungsbau und der Inneren Sicherheit brauche Berlin „eine stabile und verlässliche Regierung“, sagte Wegner. Spätestens jetzt sei klar: „Jede Stimme für die SPD ist auch eine Stimme für linke Experimente.“ Für Frank Henkel zähle „nicht das Geplänkel vor der Wahl, sondern das Ergebnis nach der Wahl“, hieß es aus dem Umfeld des CDU-Parteichefs.

Die CDU will stärkste Partei in Berlin werden und hat keine Koalitionsaussage gemacht. Allerdings hat Henkel mehrfach eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen. Nach seiner Forderung, die Burka zu verbieten und den Doppelpass abzuschaffen, erhielt er einzig von der AfD Zuspruch.

Nicht nur die SPD, sondern auch die Grünen gehen auf Distanz zur CDU. „So wie die CDU sich derzeit gebärdet, gehört sie auf die Oppositionsbank“, sagte die Grünen-Spitzenkandidatin und Fraktionschefin Ramona Pop. Die große Koalition in Berlin habe abgewirtschaftet. Von einer schwarz-grünen Koalition, die rechnerisch wohl auch keine Mehrheit hätte, ist in der Partei im Gegensatz zur vergangenen Wahl 2011 keine Rede mehr. Auch einer schwarz-rot-grünen „Kenia“-Option wie in Sachsen-Anhalt erteilte Pop eine Absage. Man wolle „keine große Koalition mit einem grünen Feigenblatt“, sagte Pop.

Am liebsten würden die Grünen mit der SPD regieren. Aber auch ein Rot-Grün-Rot schließt die Partei nicht aus. Pop reagiert allerdings vorsichtig auf Müllers Kurswechsel. „Die SPD stellt vieles in den Raum, geht dann aber doch eine große Koalition ein“, sagte Pop. „Ich erwarte eine klare Aussage von Michael Müller, dass er nicht noch einmal mit der CDU kandidiert und offen für neue Konstellationen ist“, sagte Pop. 2011 war eine rot-grüne Koalition nach 13 Stunden Sondierungsgesprächen und einer Stunde Koalitionsverhandlung gescheitert.

Auch die Linkspartei stellt an die SPD in einem rot-rot-grünen Bündnis Forderungen. "Wir brauchen Übereinstimmungen und Lösungen für Probleme“, sagte Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Linken und Berliner Parteichef. Alle Partner müssten dafür bereit sein, „gemeinsam alle Projekte zu verwirklichen“. In zehn Jahren Rot-Rot habe die SPD „vieles gern beschlossen, was die Linke umzusetzen versuchte“, sagte Lederer. Ein Dreier-Bündnis sei eine Option, „wenn man die Arbeit richtig macht“. Für die Linke ist auch die künftige Art des Umgangs relevant. Da müsse die SPD „üben“, sagte Fraktionsvize und Ex-Senatorin Katrin Lompscher. Mit der SPD habe es immer ein „Dominanzproblem“ gegeben. Grüne und Linke sehen ein mögliches Dreierbündnis in Berlin nicht als Signal für die Bundestagswahl 2017, sondern als eine Option auf Landesebene.

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