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Es geht nicht nur um die Wurst. Der Andrang der Griller am Osterwochenende setzt dem noch frischen Grün zu.

© Davids/Hilgemann

Müllproblem: Grillverbot soll Tiergarten schonen

In Berlin-Mitte flammt die Debatte um ein Grillverbot im Tiergarten neu auf. Die CDU möchte die Kosten für Müllbeseitigung und Reparaturen verringern. Die Bezirksverordnetenversammlung setzt vorerst auf Aufklärung.

Ganz langsam quält sich der voll besetzte Bus der Linie 100 am Haus der Kulturen der Welt entlang. Der Fahrer flucht leise vor sich hin. In der schmalen Straße parken Dutzende Autos. Hier und da wurde eine zweite Reihe eröffnet. „Des isch Berlin“, raunt eine Dame mit stark badisch eingefärbtem Dialekt ihrer Begleitung zu und zeigt auf den Wust aus Sonnenschirmen, Wasserpfeifen und Campinggrills, zwischen den sich im Großen Tiergarten noch hunderte Menschen gequetscht haben. Doch damit könnte nun bald Schluss sein. Im Bezirk Mitte wächst von Saison zu Saison der Unmut über das, was die Feiernden zurücklassen: Müll und verbrannte Erde.

Durchschnittlich sechs Tonnen allein durch Griller verursachten Mülls bleiben an einem Wochenende im Tiergarten liegen. Im Jahr kommen so rund 160 Tonnen zusammen. Hinzu kommen Kosten für die Reparatur von Schäden, die durch unverantwortliches Grillen verursacht wurden. Also die Erneuerung eines versengten Wiesenabschnitts oder zerstörter Bäume, deren Äste als Brennholz herhalten mussten. Rund 1000 Verwarnungen spricht das Ordnungsamt jährlich allen im Tiergarten aus. Fast 150 Ordnungswidrigkeiten werden pro Saison festgestellt. Insgesamt bleibt der Bezirk auf 360 000 Euro Kosten im Jahr sitzen.

Mittes Ordnungs- und Wirtschaftsstadtrat Carsten Spallek (CDU) möchte sich damit nicht länger abfinden. Zusammen mit seiner Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung fordert er ein vollständiges Grillverbot.

Andere Bezirke wie Neukölln, Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf oder Spandau haben seit Jahren keine ausgewiesenen Grillplätze mehr. „Mit guten Worten kommen wir nicht weiter, und das Ordnungsamt kann nicht immer kontrollieren“, sagt Spallek. Tatsächlich kann das Ordnungsamt Mitte eine kontinuierliche Kontrolle des mit 30 Hektar größten Grillgebiets Berlins kaum stemmen. 38 Außendienstmitarbeiter gibt es insgesamt. Durch Schichtbetrieb und Wochenendarbeit können stets nur maximal vier Streifen gleichzeitig patrouillieren – im gesamtem Bezirk, also inklusive Wedding und Tiergarten.

Mittes Ordnungsamtsleiter Harald Strehlow möchte sich zu politischen Debatten eigentlich nicht äußern. Er erinnert sich aber gerne an das zweimonatige Grillverbot im Jahr 2010. Damals war der Tiergarten während der angrenzenden WM-Fanmeile aus Sicherheitsgründen fürs Grillen gesperrt worden. „Es war wesentlich weniger Personal gebunden, das wir andernorts einsetzen konnten“, erinnert sich Strehlow. Die Müllmenge reduzierte sich von sechs auf zwei Tonnen pro Wochenende.

Trotzdem gibt es in der Bezirksverordnetenversammlung derzeit keine Mehrheit für ein dauerhaftes Verbot. Grünen-Fraktionssprecher Frank Bertermann möchte stattdessen durch Aufklärung „ein neues müllvermeidendes Grillbewusstsein“ erzeugen, wie es in seinem Antrag an die BVV heißt. „Wir wollen den integrativen Charakter des Tiergartens erhalten“, erklärt er. Denn was die Frau im Bus noch als „Berlin“ identifiziert hat, ist in Wirklichkeit ein Amalgam aus Charlottenburg, Istanbul, Neukölln, Teheran und Stuttgart, das im Tiergarten friedlich vor sich hinbrutzelt.

Einig sind sich alle Fraktionen im City-Bezirk aber in einem Punkt: Lassen sich Müllberge und Zerstörung in der kommenden Saison nicht drastisch verringern, muss etwas geschehen. Nur was, ist bisher offen.

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