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Berlin: Museumsleiter Jörn Merkert

Der Mann aus Bremerhaven steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden und hat doch vor allem Kunst im Kopf. Irgendwie wirkt er erstaunt, dass er nun Direktor eines so bedeutenden Museums ist.

Der Mann aus Bremerhaven steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden und hat doch vor allem Kunst im Kopf. Irgendwie wirkt er erstaunt, dass er nun Direktor eines so bedeutenden Museums ist. „Lauter glückliche Zufälle“ in seinem Leben! Bei seinem Opa, dem Fischdampferkapitän, durfte er als kleiner Stöpsel auf der Brücke das kräftige Schiffshorn bedienen. Dann öffnete sich das Schleusentor. Für den Jungen aus eher einfachen Verhältnissen hat sich das Tor zur Kunst nicht leicht geöffnet. Der Schlüssel zur Kunst waren sein bewunderter „Kunsterzieher“ und die Barockreise zu den architektonischen Wundern in Fulda oder Würzburg. Für den Jungen von der Nordsee „eine Offenbarung“.

Das Studium der Kunstgeschichte begann er 1966 in Bonn. Für den „Bund“ hatte er zu schwache Augen. Nicht aber für alte Gobelins und die Kunst des Mittelalters, die er in Paris entdeckte. Als Reiseleiter für Studiosus-Reisen begeisterte er sich für das antike Griechenland. Auf der Rückreise von drei Monaten in Athen landete er bei der Biennale in Venedig und dann – in der Nacht in der Benno Ohnesorg umkam – in Berlin. Als engagierter 68er wurde er bald Kulturreferent im FU-Studentendorf. Ein weiterer Zufall: In der Hochschule der Künste stieß er buchstäblich mit dem bekannten Museumsmann Eberhard Marx zusammen. Über ihn kam er zu Werner Haftmann und zur Neuen Nationalgalerie. Mit Werkverträgen wurde er, der kritisch nachfragende, wissbegierige und fleißige junge Mann der großen Museumsikone immer unentbehrlicher. Nur aus „dekorativen Gründen“ ging er gelegentlich noch in die Hochschule. 1971 kam die feste Anstellung an der Neuen Nationalgalerie, dann die Berufung als wissenschaftlicher Sekretär an die Akademie der Künste und danach die Leitung der Ausstellungsabteilung der neu eröffneten Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Dann 1987 der Ruf von Volker Hassemer an die Spitze der Berlinischen Galerie. Das war mit dem geplanten neuen Haus eine verlockende Herausforderung. Seit anderthalb Jahren hat nun das attraktive Haus geöffnet, das Merkerts Handschrift trägt. Knapp 22 Millionen Euro hat es insgesamt gekostet. 3,6 Millionen Euro machen die festen jährlichen Zuwendungen aus, 3,2 Millionen Euro kamen 2005 aus Drittmitteln hinzu. Insgesamt 50 Mitarbeiter betreuen die Ausstellungen, die letztes Jahr von fast 220 000 Besuchern bewundert wurden.

Auch im Privatleben ist der Mann mit dem etwas verwegenen Bart und dem glatten Oberkopf „mit der Kunst verheiratet“ und mit seinen unzähligen Büchern, die seine große Berliner Wohnung schon wieder zu klein werden lassen. Mit seinem Amt ist auch der Professoren-Titel verbunden. Im alten Berlin hieß das Kabinettsrang und Zugang zum Kaiser, erzählt er verschmitzt – und zündet sich seine siebte Zigarette an.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels.

Jörn Merkert (59), Kunstgeschichtler und Professor, Direktor und Vorstand der

Stiftung Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur.

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