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Berlin: Musik aus der Kiste

MTV ist da. Gestern hat der Musiksender mit seiner Zentrale ein Lagerhaus an der Spree bezogen. Für die meisten Mitarbeiter bedeutet das einen doppelten Umzug – und begeistert sind sie schon, obwohl sie die Szene noch nicht kennen.

Wenigstens ihr Schreibtisch ist schon da. Sarah Fischer hockt zwischen Umzugskisten in einer umgebauten Lagerhalle im Berliner Osthafen und ordnet ihre Bürohabe. Ihre Laune ist trotzdem hervorragend. „Ist doch klasse, dass wir jetzt in Berlin sind“, sagt die 31-jährige Assistentin der Redaktionsleitung, während irgendwo im Gebäude die Bohrer kreischen. „Das hat hier doch was von New York oder London.“ Am vergangenen Mittwoch saß Sarah Fischer noch in München am Computer. Bis abends das Netzwerk heruntergefahren wurde und die Lichter ausgingen. Das war es dann mit MTV in der bayerischen Landeshauptstadt, denn seit gestern findet sie sich am Spreeufer in Friedrichshain, die Deutschland-Zentrale des Musiksenders. Damit ist ein weiterer Medienriese in der Stadt angekommen, nach den Musikkonzernen Sony und Universal, das direkt nebenan residiert.

Vor dem alten Backsteinbau stehen Autos mit Münchner Kennzeichen in langer Reihe, daneben Umzugswagen. Für die meisten der 115 MTV-Mitarbeiter, die hier ihre Schreibtische einräumen, ist es gleich ein doppelter Umzug. Sie selbst müssen ja auch irgendwo unterkommen in der Stadt, die meisten haben sich schon Wohnungen in Friedrichshain oder Prenzlauer Berg gesucht – und festgestellt, dass man bei der Miete einen Haufen Geld sparen kann in Berlin. Verglichen mit München zumindest. Außerdem sei es da auch gleich viel szeniger, und das sei doch wichtig für die Kreativen der Musikbranche – finden jedenfalls Laeticia und Bianca, die sich eine Verschnaufpause gönnen und auf den Stufen vor der Lagerhalle sitzen. Viel von Berlin mitgekriegt haben sie zwar noch nicht in den zwei Tagen, die sie hier sind. Aber dass Berlin eine „wahnsinnig spannende“ Szene hat, die „unglaublich kreativ“ ist, davon schwärmt bei MTV schon am ersten Tag jeder. Was auch immer das heißen mag. Laeticia und Bianca, die beide in der Chartsredaktion arbeiten, wohnen jedenfalls deshalb in Friedrichshain.

Die bekannten Gesichter von MTV-Moderatoren sucht man vergebens. Für die VJs, wie sie hier heißen, macht der Umzug sowieso keinen großen Unterschied, weil viele Sendungen weiter in London gedreht werden. Doch auch das werde sich in Zukunft ändern, verspricht Mats Wappmann, der die Öffentlichkeitsarbeit macht. „Und irgendwann senden wir auch von hier aus.“ Und wie sieht es aus mit dem Kontakt zu den Fans, die vielleicht demnächst das Gelände belagern? „Wenn Stars da sind, werden die Schotten dicht gemacht.“ Soviel zur Fannähe. Immerhin: Es gebe ja die Clipshow „Total Request Live“, die jeden Nachmittag läuft, und da dürften dann einmal die Woche fünfzig Zuschauer dabei sein, verspricht Wappmann

Seinen privaten Umzug stellt er erst einmal hinten an. Dieses Problem hat Kerstin Kottmann nicht. Die Berlinerin gehört zu den Umzugsgewinnlern, für sie ist es der erste Arbeitstag beim Musiksender. Zunächst macht sie mal ein sechsmonatiges Praktikum, dann wird man sehen. „Aus Berlin wegzugehen, dazu hätte ich keine Lust gehabt“, sagt die 27-Jährige nach einer Führung durchs Haus. Die gibt es am Montag jede Stunde, die Mitarbeiter sollen ihren neuen Arbeitsplatz kennen lernen. So geht er zu Ende, der erste Tag: Alle schwärmen von der Stadt und die ersten Berliner haben sich auch schon eingeschlichen. Berlin und MTV, das könnte tatsächlich klappen mit den beiden.

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