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Berlin: Musik bringt die Medienstadtin Bewegung

Universal, Film und Kreative sind zu wenig für eine Medienmetropole

Von Henrik Mortsiefer

Wenn Bernd Schiphorst, der Medienbeauftragte von Berlin-Brandenburg, über die Hauptstadt spricht, dann klingt Musik in seinen Ohren. „Der Umzug von Universal Music nach Berlin war ein Geschenk Gottes“, schwärmt der Medienmann. Im August dieses Jahres zog es die deutsche Niederlassung eines der größten Musikkonzerne der Welt von Hamburg in ein saniertes Speichergebäude des Friedrichshainer Osthafens. Rund elf Millionen Euro investierte Universal in den Ausbau des ehemaligen Eierkühlhauses. Der Senat beschleunigte den Umzug mit einer Millionen-Subvention.

Vom Himmel fiel die Universal-Ansiedlung also nicht. Doch die Überzeugungsarbeit mit finanzieller Unterstützung der Wirtschaftsförderung fiel vergleichsweise leicht. Denn Berlin gilt in der Musikbranche inzwischen als attraktivster deutscher Standort. Gemessen am Umsatz ist Berlin „Musikhaupstadt“ Deutschlands. Rund 350 Millionen Euro erwirtschaften die gut 430 Unternehmen – vom Tonträgerproduzenten über den Musikverlag bis zu den Konzertveranstaltern. Klingende n wie Universal, Sony Music oder BMG, die alle Dependancen an der Spree eröffnet haben, geben dem Standort den Glanz, der in anderen Wirtschaftszweigen schon lange verblasst ist.

„Die Medienwirtschaft ist der Leitstern der Berliner Wirtschaft“, glaubt Bernd Schiphorst. Er verweist auf eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten. Sie zeigt, dass Berlin etwa als Standort für Fernsehproduktionen im Rennen der Medienstädte aufgeholt hat. Köln und Berlin, so die Studie, weisen im Vergleich zu München und Hamburg, seit 1995 die größte Wachstumsdynamik aus. Etwa ein Viertel der Unternehmen waren zum Zeitpunkt der DIW-Umfrage im Jahr 2000 nicht älter als fünf Jahre. Aber: Nach der Umsatzsteuerstatistik ist Berlin nach wie vor Schlusslicht der großen Vier. Zwar sind in der Hauptstadt mit 1080 Unternehmen fast so viele TV-Produzenten wie in München (1190) ansässig. Umgesetzt wurden hier aber nur rund 388 Millionen Euro – in Münschen sind es 576 Millionen Euro.

Rechnet man alle filmwirtschaftlichen Produktionsfirmen zusammen, wird der Abstand der bayerischen Landeshaupstadt noch größer: „Mit rund 2,7 Milliarden Euro entfielen auf die dort ansässigen Unternehmen mehr als 40 Prozent des deutschen Produktionsumsatzes“, schreibt das DIW. Berlin bleibt hinter Hamburg (969 Millionen Euro) und Köln (816 Millionen Euro) mit 765 Millionen Euro auf dem letzten Platz. Profitiert hat die hiesige Filmbranche vor allem vom Fernsehen. Sat1, seit Juni 2000 in Berlin, ist der größte Auftraggeber, noch vor dem Sender Freies Berlin. Insgesamt wird in den 50 Berliner Studios, Hallen und Ateliers ein knappes Viertel aller deutschen Film- und Fernsehproduktionen hergestellt. Ins Scheinwerferlicht rückt der Standort einmal im Jahr bei den Internationalen Filmfestspielen.

Zwar ist seit dem Einbruch des Werbemarktes und nach der Kirch-Pleite vieles in Bewegung geraten – vor allem am traditionell starken Standort München. Doch der Trend hat sich nicht gedreht: Trotz der Erfolge im Musik- und Filmgeschäft hat Berlin als Medienstadt noch viel aufzuholen.

Die vielfach beschworene „kreative Stimmung“, der am härtesten umkämpfte Zeitungsmarkt Deutschlands und die Nähe zur Regierung machen allein noch keinen Boom. Das merken besonders die PR- und Werbeagenturen, denen viele zu Zeiten der „New Economy“ eine große Zukunft in Berlin vorausgesagt haben. Doch an der Spree gibt es kaum noch wichtige Kunden aus der Industrie. Werbestädte wie Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt geben weiter den Ton an. Bernd Schiphorst hebt deshalb gern die „weichen“ Standortfaktoren hervor: „Die Werbekunden sitzen zwar woanders, aber sie besuchen immer gerne Berlin.“ Ins Geschäft kommen sie leider meist woanders.

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