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Neun Jungs in engen Hosen. Die Stray Kids singen, tanzen, rappen und performen synchron.

© promo

Musiktrend aus Korea: K-Pop-Band Stray Kids tritt in Berlin auf

Monatelanges Casting, riesiger Fan-Hype, Milliarden-Umsatz für die südkoreanische Wirtschaft: Von einer Musikwelle, so süß wie ein Zuckerbonbon.

So laut gekreischt haben Fans seit den Beatles nicht mehr. Show-Flammen schießen in die Höhe, als die neun Jungs in engen Hosen synchron tanzen, rappen und singen. Auf koreanisch. Mitsingen ist zumindest für deutsche Fans schwierig, aber das macht nichts. Die Stimmung ist wichtiger. Im Zuschauerraum sind keine Gesichter zu erkennen, nur lauter bunte Leuchtstäbchen.

So sah es im April in Manila aus, als die Pop-Band Stray Kids im Rahmen ihrer „Unveil“-Tour ein Konzert gab. Und vermutlich ist es auch am Freitagabend so, wenn die Neun in der Verti Music Hall in Friedrichshain spielen. Zum zweiten Mal kommt die Boyband nach Berlin. Die etwa 4300 Karten sind schon lange weg, letzte Restkarten auf Ebay werden für mehrere hundert Euro verkauft.

Die Stray Kids sind ein Phänomen. Die Jungs sind gerade volljährig und wurden 2017 durch eine Reality Show der Firma JYP Entertainment bekannt. Mittlerweile zählen sie zu den wichtigsten Pop-Bands Südkoreas und sind Teil der riesigen Musikindustrie des asiatischen Landes.

Von der bekommt man in Berlin nicht unbedingt viel mit – es sei denn, die koreanischen Bands (bekannt unter dem Kürzel K-Pop) geben hier ein Konzert. Dann ist die Stadt kurz im Ausnahmezustand, Fans verstopfen die Warschauer Brücke. Andere Bands heißen BTS, Girl’s Generation oder Black Pink.

Die Künstlerinnen und Künstler nennen sich „Idols“. Entertainment-Firmen investieren viel Geld in deren Aussehen, Gesang und Tanzstil. Sogar die Farbe des Lidschattens soll bei Auftritten vorgeschrieben sein. Das System hat einen eigenen Namen: „Cultural Technology“. Entwickelt hat es der Gründer der südkoreanischen Firma SM-Entertainment, Lee Soo Man.

Süß wie ein Zuckerbonbon

Meist haben die „Idols“ einen monatelangen Casting- und Ausbildungsprozess hinter sich, bevor sie auf der Bühne stehen dürfen. Und das Konzept geht auf: Die koreanische Welle oder „Hallyu“, wie sie dort heißt, bringt internationale Erfolge ein. Laut einer Studie des Hyundai Research Center (HRI) von 2018 spült allein BTS mehrere Milliarden Dollar pro Jahr in die südkoreanische Wirtschaft.

K-Pop, das sei eigentlich gar kein Genre, erklärt Lena Volberg. Die 18-jährige ist seit vier Jahren Fan, hatte schon mehrere Lieblingsbands. Momentan sind es die Stray Kids, für das Konzert reist sie extra aus Köln an. K-Pop-Songs spielen mit verschiedenen Musikstilen, in drei Minuten kann Reggae mit HipHop und Dubstep gemischt werden. Viele Songs klingen schnell, poppig und süß wie ein Zuckerbonbon. Der Sound der jeweiligen Bands unterscheidet sich trotzdem. „Ihre Gemeinsamkeit ist die Sprache“, sagt Volberg.

Die Stray Kids singen über Selbstfindung, Unsicherheiten oder Liebe. Im Unterschied zu vielen anderen Bands schreiben die Mitglieder der Gruppe – Changbin, Han und Bandleader Bang Chan – die Texte selbst. Für die Fans wächst mit dem Interesse an den Inhalten auch das an der Kultur: „Aus Langeweile habe ich mir irgendwann selbst Koreanisch beigebracht“, sagt Volberg.

796.000 Touristen kamen wegen der Band BTS

Nach Seoul ist sie im vergangenen Jahr mit einer Freundin für einen Sprachkurs gereist. Bald möchte sie auch eine Asienreise machen, dabei die Stadt besuchen. Die HRI-Studie bestätigt den K-Pop-Einfluss auf den Tourismus: 796.000 Besucherinnen und Besucher sollen jährlich allein wegen der Gruppe BTS nach Südkorea kommen.

Wer noch kein Koreanisch versteht, kann sich Youtube-Videos ansehen, die sind meist englisch untertitelt. Überhaupt spielt sich für Fans außerhalb Südkoreas ein Großteil der K-Pop-Welt im Internet ab. Fans kommunizieren global über Twitter oder Facebook, die Szene ist riesig.

Auch Volberg hat eine eigene Facebook-Gruppe gegründet. Die Begeisterung erinnert an den Hype um amerikanische Superstars. Aber hier geht es nicht nur um Vergötterung, die Fans wollen in möglichst engen Kontakt mit ihren „Idols“ treten. In Whatsapp-Gruppen sprechen sie sich für Konzerte ab oder treffen sich, um Fanartikel zu basteln.

So auch Lena Bellmann, 15 Jahre alt, aus Berlin. „Stray Kids sind mit Abstand meine Lieblingsgruppe“, sagt sie. Im vergangenen September ging sie auf ihr erstes K-Pop-Konzert, da spielte die Band zum ersten Mal in Berlin auf dem KBS-Music Festival.

Für das diesjährige Konzert traf sich Lena mit zwei Fan-Projektgruppen zum Basteln. „Man will den Artists etwas bieten, wenn sie da sind“, sagt Lena. Auf Twitter lassen sich Bilder der Ergebnisse bewundern: Fotokarten mit den Bandmitgliedern, Armbänder mit Sprüchen, Plakate oder Geschenktütchen. Am Anfang habe es zwar Streit gegeben, was gebastelt werden solle – aber den habe man schnell beigelegt. „Für die Jungs“, sagt Lena.

Und am 13. Oktober kommt schon die nächste K-Pop-Band nach Berlin: Got 7 spielt in der Mercedes-Benz-Arena.

Anima Müller

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