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Unternehmerin

© David Heerde

Mutmacher der Nation: Mit Mut die Lücke genutzt

Klein angefangen und dann durchgestartet: vier preisverdächtige Unternehmer, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagten.

So möchte man auch gerne die Gründung eines Unternehmens vorbereiten: Drei Geschäftsfreunde ziehen sich auf eine exotische Insel zurück, entwickeln in entspannter Atmosphäre jede Menge Ideen, erstellen Businesspläne, wägen Erfolgsaussichten ab, entscheiden sich für ein Projekt, kommen zum Schluss, das könnte klappen. Klingt ziemlich unrealistisch. Aber genauso haben es Ozan Taner, Wolfgang Rüth und Niels Frandsen 2004 gemacht. Die Geschäftspartner – alle drei damals Anfang 30 – arbeiteten als Unternehmensberater in Brasilien und wollten ein Unternehmen aufziehen, das das südamerikanische Land mit Berlin verband.

Am gewinnbringendsten schien ihnen der Vertrieb von hochklassigem Espresso. Brasilien sei ein großes Kaffeeland; aber bekannt seien hierzulande zu 90 Prozent italienische Marken oder seit den Coffeeshop-Ketten US-amerikanische Sorten. So entstand Anfang 2005 das Unternehmen „Moema Espresso Republic“. Moema stammt aus der Sprache der brasilianischen Indianer und bedeutet sowohl Sonnenaufgang als auch natursüß. „Das passte gut“, sagt Taner. Das Unternehmen bringt jetzt brasilianischen Espresso in Deutschland und acht anderen europäischen Ländern auf den Markt und achtet darauf, dass die südamerikanischen Bauern nicht nur die grünen Bohnen liefern, sondern auch selber rösten können. „Das ist fairer als Fair Trade“, sagt Taner. Das Geschäft laufe jetzt mit wachsendem Erfolg. Der Espresso wird inzwischen unter anderem an Restaurants, Feinkostläden, Arztpraxen oder Anwaltskanzleien geliefert. Außerdem wurde ein Internetshop aufgezogen. Inzwischen hat die Moema-Republic, die ihre Geschäftsräume in Prenzlauer Berg hat, neben den Geschäftsführern zwei feste Beschäftigte und einige freie Mitarbeiter.

Das Konzept gefiel auch der Jury des bundesweiten Wettbewerbs für mittelständische Unternehmen „Mutmacher der Nation“. Die „Moema Espresso Republic“ wurde in die Endauswahl um den Landessieg Berlin genommen. Insgesamt haben sich in der Stadt 24 Unternehmen um den Preis beworben, der zum vierten Mal unter anderem von dem Branchenbuch „Das Örtliche“ und dem Bundesverband der Bürgschaftsbanken im Oktober vergeben wird und kleine und mittlere Unternehmen ermutigen soll. Kleine Firmen mit bis zu 20 Mitarbeitern machen 90 Prozent der Unternehmen in Berlin aus. Insofern sind die Mutmacher-Bewerber typische Vertreter des Mittelstands der Stadt. Diesen bezeichnet Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) auch als das „Rückgrat der Berliner Wirtschaft“.

Mit einem bedeutend niedrigeren Anspruch als die Espressovertreiber begann Marcin Kasperek, der ebenfalls ein Mutmacher werden will. Aller Anfang ist bescheiden, war im Sommer 2006 sein Motto für die Selbstständigkeit. 20 Euro investierte der Reinickendorfer zunächst. Und zwar in Flyer, die auf sein Angebot aufmerksam machen sollten: Hilfe im Haushalt und Büroreinigung. Der frühere Zusteller bei einem Briefservice wählte die Branche nüchtern aus. „In diesem Bereich lässt sich auch ohne viel Eigenkapital etwas machen“, sagt Kasperek, der später noch auf Überbrückungsgeld von der Arbeitsagentur zurückgreifen konnte. Bald kamen die ersten Anrufe; das Unternehmen SHS-Dienstleistungen konnte losgehen. Inzwischen beschäftigt Kasperek drei Mitarbeiter auf Minijobbasis. Früher hat er den Papierkram zu Hause erledigt, jetzt bezieht er eine kleine Agentur.

Noch als Ein-Mann-Betrieb arbeitet Christof Schönberg, der aus einem Kreuzberger Hinterhaus seine Firma „Undercovermedia“ betreibt und inzwischen auch Großunternehmen wie Siemens und Adidas zu seinen Kunden zählt. Der 40-jährige Toningenieur hat sich auf die Herstellung von CDs und DVDs und deren individuelle Verpackung konzentriert. Er startete seine Selbstständigkeit 2003 aus der Sozialhilfe, nachdem ein erster Traum von der Selbstständigkeit geplatzt war. Es hatte mit den Partnern nicht gepasst. Auch der zweite Start war nicht einfach. Die Bank, die zunächst Interesse gezeigt hatte, zweifelte am Geschäftskonzept und lehnte eine Finanzierung ab. Da hatte Schönberg schon die Geschäftsräume gemietet. Schließlich übernahm die Landesbank Berlin den Anschubkredit, so dass Undercovermedia beginnen konnte. Auch wenn Schönberg seine Umsätze jährlich verdoppeln kann, reicht es noch nicht, um Mitarbeiter einzustellen. Er ist aber optimistisch, dass die Zeit dafür kommen wird.

Da ist Susanne Panter weiter. Die 40-Jährige beschäftigt inzwischen vier feste und dreizehn freie Mitarbeiter in ihrer Agentur „Wiedersehen macht Freude“. Die Bankkauffrau und Kommunikationswirtin verdient ihr Geld damit, weltweit Menschen zu suchen. Irgendwann aus den Augen verlorene Schulfreunde etwa, entfernte Verwandte oder die alte Jugendliebe. Zu den Kunden zählen auch Adoptivkinder auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern. Die Agentur hat auch schon für Fernsehsendungen wie „Melodien für Millionen“ und „Arabella sucht“ gearbeitet. Anders als eine Detektei verrät Panters Unternehmen die Adresse eines Gesuchten nur dann, wenn dieser auch zustimmt. Auf die Idee kam Panter aus eher privaten Gründen; sie wollte ein Klassentreffen organisieren und die Ehemaligen aufspüren. Ein entsprechendes Dienstleistungsunternehmen gab es nicht. Also füllte sie die Lücke. Am schwierigsten ist für sie oft die Arbeit mit den Behörden. Aber von denen lässt sie sich nicht entmutigen.

Mehr Infos im Netz unter:

www.mutmacher-der-nation.de

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