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Berlin: Mutter nach Tod des Babys vor Gericht

Ein Kind ohne Vater wollte sie nicht. Damit hätte sie nicht in ihr bulgarisches Heimatdorf zurückkehren können, erklärte Dilber R.

Ein Kind ohne Vater wollte sie nicht. Damit hätte sie nicht in ihr bulgarisches Heimatdorf zurückkehren können, erklärte Dilber R. gestern vor dem Landgericht. „Wegen der großen Schande.“ Ohne fremde Hilfe brachte sie vor vier Jahren einen Sohn zur Welt. Er wog 3030 Gramm und war 51 Zentimeter groß. Die Mutter soll ihn unmittelbar nach der Geburt im Badezimmer einer Neuköllner Wohnung erstickt haben.

„Ich kann die Tat nicht bestreiten, aber ich erinnere mich nicht“, sagte die 30-jährige Mutter, die sich wegen Totschlags verantworten muss. Sie habe die Schwangerschaft völlig verdrängt. Weil sie illegal in Deutschland lebte, keine feste Bleibe hatte und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Zum Arzt habe sie sich aus Angst vor Abschiebung nicht getraut. Dass es eine Babyklappe gibt, sei ihr nicht bekannt gewesen. „Ich bedauere mein damaliges Versagen zutiefst“, beteuerte die Frau.

Dilber R. war mit einer Freundin nach Berlin gekommen, wollte als Putzfrau arbeiten. Alles ging schief. „In meiner Erinnerung hat das Kind nicht gelebt“, sagte die Angeklagte. Sie wickelte es in ein T-Shirt, steckte das Bündel in eine Tüte und legte diese in einem Gebüsch ab. Ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes fand die Leiche. Im Prozess kämpfte der 66-Jährige mit den Tränen: „Ich dachte erst, es wäre eine Puppe.“

Die Bulgarin war bereits abgeschoben worden, als Ende 2003 Hinweise den Verdacht auf sie lenkten. Im Juni 2007 wurde sie in ihrer Heimat verhaftet und kurz darauf nach Berlin überstellt. „Ich möchte die Strafe in Bulgarien verbüßen“, bat die Angeklagte. Sie ist inzwischen Mutter eines zweijährigen Kindes. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. K. G.

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