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Berlin: Mutter verurteilt: Sie prügelte und beschimpfte ihre Kinder

Beim Prozess fehlte die 25-Jährige, die ihre drei Söhne misshandelt haben soll. Die Richter verurteilten sie in Abwesenheit zu einer Bewährungsstrafe

Zwei verschmutzte Matratzen, die Wände kahl und teilweise mit Unrat beschmiert – mehr gab es nicht im Zimmer der drei Geschwister. Und wenn es ganz schlimm kam, wurde dieser erbärmliche Raum für den vierjährigen Timm und die knapp dreijährigen Zwillinge Lars und Kai (Namen geändert) zum Gefängnis. So steht es in der Anklage gegen die Mutter. Gestern hatte die 25-jährige Frau ihren Gerichtstermin. Mehrere Zeugen waren für die „Strafsache T.“ erschienen. Die Angeklagte aber ließ sich nicht blicken. Sie wurde trotzdem bestraft. Mit sechs Monaten Haft auf Bewährung.

Die Ermittler haben den „Tatzeitraum“ auf knapp einen Monat eingegrenzt. Damals, zwischen dem 25. Februar und 21. März 2005, lebte die Mutter mit ihren drei kleinen Kindern in einer Wohnung in Hellersdorf. Frau T. soll regelmäßig die Hand ausgerutscht sein. Sie schrie die Kinder laut Anklage an, nannte sie „Mistgören“, „Schlampe“ und „Sau“. Mehrfach seien die Kinder stundenlang im Kinderzimmer eingesperrt gewesen. Die Mutter soll dafür die Türklinke abmontiert haben. Auf das Rufen, Schreien und Weinen ihrer Söhne habe sie nicht reagiert.

In der Anklageschrift ist aufgenommen, was Zeugen zu Protokoll gegeben haben. Es wird auch beschrieben, wie die Mutter den noch nicht dreijährigen Zwillingen die Windeln mit Klebeband an der nackten Haut festklebte – um zu verhindern, dass sich die Kleinen die schmutzigen Windeln herunterreißen.

Eltern vor Gericht, nicht nur in dieser Woche zählt das in Moabit zum traurigen Alltag: Allein im Januar dieses Jahres musste die Polizei rund 20 Kinder und Jugendliche in Obhut des Jugendamtes geben, weil sie mit ihren Eltern in völlig verwahrlosten Wohnungen gehaust hatten. Ein Paar aus Hohenschönhausen muss sich seit Donnerstag verantworten. Simone K. (28) und ihr Ehemann Jan (25) sollen mit ihren drei kleinen Kindern in menschenunwürdigen Verhältnissen gelebt haben. Mülltüten, verdorbenes Essen, die Hinterlassenschaften von drei Hunden in der Wohnung statt einer angemessenen Versorgung der Kinder – so schilderten Zeugen die Zustände dem Gericht. Die Eltern hingegen haben die Vorwürfe bestritten, gaben an, dass sie zwar in ihrer „Haushaltsführung nicht ganz ordentlich“ seien, aber von Verwahrlosung und einer Vernachlässigung der Kinder keine Rede sein könne. Am Nachmittag hatte sich dann das Gericht zunächst auf den 22. Februar vertagt.

Im gestrigen Fall aber gab es ein schnelles Urteil – in Abwesenheit der unentschuldigt fehlenden Mutter. Die Verteidigerin schaute ratlos und konnte auch nicht sagen, wo ihre Mandantin steckte. Eine Mitarbeiterin des damals für die Familie zuständigen Jugendamtes berichtete, dass die Zwillinge inzwischen bei einer Pflegefamilie untergebracht seien. Timm, der Älteste, lebe nach ihren Kenntnissen noch immer bei der Mutter, die nunmehr das vierte Kind bekommen haben soll. Doch weil die Frau nach dem Vorfall umgezogen ist, sei inzwischen ein anderes Amt zuständig. Frau T. wird es also von ihrer Verteidigerin erfahren: Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen sie einen Strafbefehl erlassen, wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen.

Kerstin Gehrke

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