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Berlin: Mythen und Riten: Das "Schräppeln"

Zur Vorweihnachtszeit sind sie nicht unüblich: Bastelabende, auf denen Freunde und Nachbarn zusammenkommen, um Adventskränze, Fensterbilder und Tannenbaumschmuck anzufertigen - sei es, um die Produkte später auf Basaren für einen guten Zweck feilzubieten oder sei es einfach nur aus Spaß am gemeinsamen Arbeiten. Ähnlich kann man sich den Hochzeitsbrauch des "Schräppelns" vorstellen.

Zur Vorweihnachtszeit sind sie nicht unüblich: Bastelabende, auf denen Freunde und Nachbarn zusammenkommen, um Adventskränze, Fensterbilder und Tannenbaumschmuck anzufertigen - sei es, um die Produkte später auf Basaren für einen guten Zweck feilzubieten oder sei es einfach nur aus Spaß am gemeinsamen Arbeiten. Ähnlich kann man sich den Hochzeitsbrauch des "Schräppelns" vorstellen. Zum "Schräppeln" - der Begriff stammt aus dem Bayerischen und bedeutet soviel wie "zurechtmachen" - versammeln sich auch gute Freunde und Nachbarn des künftigen Brautpaares. Ihre Zusammenkunft, die traditionell am Montagabend vor der Trauung einberufen wird, hat vor allem einen Sinn und Zweck: Blumenkränze und Girlanden für die Hochzeit zu basteln sowie Papierröschen zu binden. Denn noch heute ist es üblich, am Tag der Heirat einen opulenten Kranz oder Ehrenbogen an die Haustür des Paares zu hängen und weiße Papierrosen daran zu befestigen. Auch Myrte wird meist eingeflochten, wurde dieser Strauch doch einst der Liebesgöttin Venus geweiht. Seitdem steht er symbolisch für Lebenskraft und Gesundheit. Wer mag, kann zudem einen Ring oder eine Glocke aus Buchsbaum flechten und an den Fenstern des Hochzeitshauses befestigen. Kranz und Schmuck müssen dem Aberglauben nach noch längere Zeit nach der Trauung hängen bleiben, sollen sie Glück bringen. Übrigens: In Süddeutschland sind die papiernen Blumen eher von roter Farbe, spricht man dieser Couleur doch die Fähigkeit zu, böse Geister und Hexen abzuwehren. Der Aberglaube hat sich inzwischen herumgesprochen - und so schmückt man die Gebinde im Norden oft zusätzlich mit roten Taschentüchern. Unterschiedliche Ansichten gibt es darüber, ob das künftige Brautpaar beim "Schräppeln" dabei sein darf oder nicht. Während es in einigen Gegenden streng verboten ist, dem Paar auch nur eine Kleinigkeit von dem Basteltreffen zu verraten - hier darf es die Kränze und Girlanden erst erblicken, wenn sie über der Haustür aufgehängt werden -, gilt ihr Beisein andernorts als unbedingtes Muss. Und nicht nur das: Neben dem Paar müssen auch die beste Freundin der Braut, deren Patin und, sofern vorhanden, der Hochzeitslader (er kümmert sich traditionell um die Einladungen zur Hochzeitsfeier) anwesend sein. Darüber hinaus muss der Hochzeitslader zu Beginn des "Schräppelns" noch ein weiteres Brauchtum erfüllen und der Braut ein Tisch- oder Taschentuch für den neuen Hausstand überreichen. Vergisst er dies oder fehlt eine Person, so der alte Glaube, können weder böse Geister vertrieben werden noch die Gesundheits-Wünsche in Erfüllung gehen. Ist es Ihnen aufgefallen? Die Ähnlichkeit des "Schräppelns" mit den modernen Junggesellen-Abschieden oder auch dem traditionellen Polterabend ist unverkennbar. Doch während die Junggesellen-Feiern heutzutage immer derber und maßloser begangen werden, hat sich das alte Brauchtum des "Schräppelns" meist nur in ländlichen Gegenden gehalten. Das liegt nicht nur daran, dass dieses Ritual nur noch wenigen bekannt ist. Das "Schräppeln" hat auch professionelle Konkurrenz bekommen - von Gärtnereien, die die Kränze und Bögen heute schnell, in allen erdenklichen Anfertigungen und zu erschwinglichen Preisen anbieten.

Holger Müller-Hillebrand

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