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Kehrt sie zurück? Am Montag will Emmely wieder an ihrer Kasse sitzen. Foto: ddp

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Nach dem Erfolg vor Gericht: Gemischte Gefühle in Emmelys Supermarkt

Die Kassiererin Barbara E., besser bekannt als Emmely, will zurück an ihren Arbeitsplatz. Die Kunden wären froh – die Kollegen schweigen.

Von Sandra Dassler

„Da hat’se immer gesessen“, sagt das „Rollator-Girl“ und deutet auf eine der vier Kassen bei Kaiser’s. Die Supermarktfiliale ist der größte Laden im Einkaufscenter „Treffpunkt Storchenhof“ in Hohenschönhausen. Für einen Freitagnachmittag herrscht hier, wohl wegen der Hitze draußen, ungewöhnlich wenig Betrieb, und so ist nur eine der Kassen besetzt.

Rollator-Girl, eine 70-jährige Rollstuhlfahrerin, die ihren Namen nicht nennen möchte, wünscht sich von Herzen, dass ab Montag auch Barbara E. wieder hier sitzt. „Ich kenne keene, zu der ich mehr Vertrauen hatte“, sagt Rollator-Girl. „Dett war doch bloß’n Trick mit die Bons.“

Am Donnerstag hat Barbara E., besser bekannt als Emmely, vor dem Bundesarbeitsgericht erstritten, dass ihre fristlose Kündigung wegen der Unterschlagung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro nicht rechtens war. Und die inzwischen 52-Jährige hat sogleich verkündet, dass sie wieder arbeiten wird. „Montagfrüh melde ich mich auf meiner Arbeitsstelle“, sagte sie gestern dem Tagesspiegel: „Und natürlich würde ich am liebsten wieder in der Filiale im Storchenhof arbeiten – dort, wo ich 2008 zuletzt war.“

Bei Kaiser’s im Storchenhof wollte – und durfte – sich gestern niemand zu Emmelys spätem Sieg oder gar zu ihrer eventuellen Rückkehr äußern. Alle Verkäuferinnen winkten ab: kein Kommentar. Die Filialleiterin verwies auf die Pressestelle in Mülheim an der Ruhr, dort wusste man aber auch noch nicht, ob und wo Emmely am Montag an der Kasse sitzen wird.

„Na, dass Emmelys Kollegen nichts sagen, ist doch logisch“, sagt eine ältere Kundin vor der Tür: „Wenn man hier schon wegen 1,30 Euro gefeuert wird.“ Eine Rentnerin, die früher mal bei Kaiser’s gearbeitet hat, wünscht es Emmely nicht, dass sie wieder hierher zurückkommt: „Das Verhältnis gerade zu den Chefs war ja nicht besonders. Und für die Kollegen, die nicht so mutig sind, ist es ja auch eine komische Situation.“

Den „Fall Emmely“ kennen alle Kunden, aber viele wissen nicht, dass sie hier in „ihrer Kaufhalle“ gearbeitet hat. Die mit ihr bekannt waren, freuen sich für sie. Auch die Apothekerin um die Ecke: „Ich wünsche ihr viel Glück“, sagt sie: „Ich glaube immer noch nicht, dass das mit den Bons wirklich Diebstahl war.“

Aber selbst wenn, sei die fristlose Kündigung unangemessen gewesen, meinen andere und fast jeder zitiert im Hinblick auf die Bankenkrise: „Die Großen lässt man laufen, die Kleinen hängt man auf.“

Es gibt auch andere Meinungen. „Tut mir leid, die Frau war 30 Jahre im Beruf“, sagt eine Textilverkäuferin: „Das Erste, was da man lernt, ist, dass einem nichts gehört, auch kein Pfandbon.“ Der Handwerker, der sich nebenan gerade die Haare schneiden lässt, ist der gleichen Ansicht: „Geklaut ist geklaut. Egal, wie viel. Es fängt alles im Kleinen an.“

„Blödsinn“, meint Rollator-Girl: „Die Emmely, die war zuverlässig. Ich habe ihr oft mein Portemonnaie gegeben, und es hat nie auch nur ein Cent gefehlt. Und die Blinden, die sind auch immer zu ihr an die Kasse gegangen. Nee, nee – das war nur ein Trick. Ich wünsche mir, dass sie Montag wieder da ist.“ Sandra Dassler

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