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Finanzsenator Ulrich Nußbaum.

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Nach dem Rücktritt von Klaus Wowereit: Diese Senatoren stehen auf der Kippe

Senat, wechsle dich: Die SPD tauscht mal wieder den Regierenden Bürgermeister aus, der seinerseits neue Kabinettsmitglieder ernennt. Mancher Ressortchef muss wohl gehen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Rücktritt Klaus Wowereits mitten in der Wahlperiode ist keine Ausnahme, früher war es sogar die Regel. In Berlin hat es Tradition, dass sozialdemokratische Regierungschefs ihr Amt bei laufendem Betrieb an einen Parteifreund übergeben. Als Willy Brandt 1966 als Außenminister nach Bonn ging, wählte das Abgeordnetenhaus den Innensenator Heinrich Albertz zum Regierenden Bürgermeister. Der wiederum trat ein Jahr später zurück, nachdem der Student Benno Ohnesorg am Rande einer Demonstration von einem Polizisten erschossen wurde. Albertz wurde ersetzt durch den Staatssekretär im Außenministerium, Klaus Schütz – wieder, ohne dass es Neuwahlen gab.

Der SPD-Mann Schütz blieb zehn Jahre im Amt, bis Finanzskandale und ein völlig zerrütteter SPD-Landesverband ihn zum Rücktritt zwangen. Die Nachfolge trat der Senator für Bundesangelegenheiten Dietrich Stobbe an. Erst zwei Jahre später wurde in Berlin gewählt, der sozialliberale Senat regierte mit Stobbe weiter. Doch 1981 stolperte er schließlich über eine Finanzaffäre und trat zurück, nachdem ihm die Regierungsfraktionen SPD und FDP im Abgeordnetenhaus die Gefolgschaft verweigerten. Der Bundesjustizminister und frühere Münchener Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel wurde von den Berliner Genossen aus Bonn geholt, aber er blieb nur fünf Monate Regierungschef. Im Juni 1981 gewann dann der Christdemokrat Richard von Weizsäcker die vorgezogene Abgeordnetenhauswahl.

Klaus Wowereit wird am 11. Dezember aus dem Amt scheiden, ohne dass baldige Neuwahlen in Aussicht stehen. Grüne und Linke fordern dies zwar, aber eine Selbstauflösung des Landesparlaments müssten zwei Drittel der Abgeordneten unterstützen. Das ist nicht absehbar, die CDU will in der rot-schwarzen Koalition bleiben und verhält sich deshalb ruhig. Also werden mal wieder die Pferde im Galopp gewechselt, ohne dass die wahlberechtigten Berliner darauf Einfluss nehmen können. Mit Ausnahme der 17.100 SPD-Mitglieder, die den Nachfolger per Briefwahl bestimmen dürfen. Vielleicht kommen noch einige neue Sozialdemokraten hinzu, die extra für den Mitgliederentscheid eintreten. Die Partei wirbt gerade offensiv um sie.

Welche Senatoren dürfen bleiben?

Mit dem Rücktritt Wowereits endet auch die Amtszeit der anderen Senatsmitglieder. Sobald das Abgeordnetenhaus einen neuen Regierungschef gewählt hat, ernennt dieser die neuen Kabinettsmitglieder. Das regelt die Berliner Verfassung in Artikel 56. Freie Hand hat der Regierende Bürgermeister dabei allerdings nicht. Denn in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU ist die Ressortverteilung im Senat festgelegt. „Änderungen des Ressortzuschnitts innerhalb der Wahlperiode werden zwischen den Koalitionspartnern einvernehmlich geregelt“, heißt es dort. Das gilt auch für den Zuschnitt der einzelnen Senatsverwaltungen. Außerdem hat jede Regierungspartei das Vorschlagsrecht für ihre Leute.

Sandra Scheeres hat gute Chancen, ihren Posten zu behalten.
Sandra Scheeres hat gute Chancen, ihren Posten zu behalten.

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Der nächste sozialdemokratische Regierungschef darf also nur bestimmen, wie die Senatsverwaltungen für Finanzen, Bildung, Stadtentwicklung sowie Arbeit und Integration besetzt werden. Alles andere ist Sache des Regierungspartners CDU.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres wird wohl nach Informationen aus SPD-Kreisen bleiben. Arbeitssenatorin Dilek Kolat muss sich voraussichtlich nur Sorgen machen, wenn der SPD-Fraktionschef Raed Saleh ins Rote Rathaus einzieht; beide pflegen kein inniges Verhältnis. Als stark gefährdet gilt der parteilose Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Dem SPD-Landeschef Jan Stöß wird Interesse an diesem Job nachgesagt, wenn er nicht Regierender Bürgermeister wird.

Lütke Daldrup könnte aufsteigen.
Lütke Daldrup könnte aufsteigen.

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Wobei Stöß auch ein Faible für die Stadtentwicklung hat. Sollte der fachlich zuständige Michael Müller Regierungschef werden, wird aber noch ein anderer Name diskutiert. Der Bau-Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup gilt als erfahrener und kompetenter Stadtplaner mit ziemlicher Durchsetzungskraft. Auch er käme für das Amt infrage. Aber dies alles sind nur begründete Spekulationen.

Auch eine andere Frage bleibt vorerst unbeantwortet: Will CDU-Landeschef und Innensenator Frank Henkel die Gelegenheit gleich nutzen, um den christdemokratischen Teil des Kabinetts umzubauen? Bisher gibt es dafür keine Indizien.

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