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Exklusiv

Nach dem Sieben-Meter-Sturz einer jungen Frau: Die Stadtautobahn muss in den Sicherheitscheck

Nach dem Sieben-Meter-Sturz einer Frau will Berlins Unfallkommission Blitzer und Tempolimit 60 an der Unfallstelle prüfen. Nach Tagesspiegel-Informationen entsprechen einige Schutzsysteme nicht dem aktuellen Stand.

Sie ist zumindest außer Lebensgefahr, die 22-jährige Frau aus Lübeck, die am Samstagabend in ihrem Kleinwagen über die rechte Begrenzung der Autobahn geschleudert war – weil Fahrer vor ihr Fehler begangen hatten und sie ebenfalls die Kontrolle über ihr Auto verlor. Die Feuerwehr hatte die schwer am Kopf verletzte Frau aus ihrem Smart Forfour geschnitten, nachdem sie sieben Meter tief in die Kleingartenkolonie „Bahn-Landwirtschaft e.V.“ gestürzt war. Der Wagen kam auf dem Dach zum Stillstand. Die Unfallstelle auf der Stadtautobahn A 100 in Charlottenburg soll jetzt von der Berliner Unfallkommission in Augenschein genommen werden.

Die Schutzmauer ist höher als die EU-Norm - andere Geländer an der Autobahn sind offenbar nicht auf dem neuesten Stand

Unterdessen erfuhr der Tagesspiegel auf Nachfrage von Experten der Bundesanstalt für Straßenwesen, dass eine an Berlins Autobahnen oft gebräuchliche Schutzbegrenzung angesichts der neuen EU-Norm „EN1317“ offenbar „nicht dem neuesten Stand entsprechen“ oder möglicherweise sogar „ungeprüft“ sind. Diese Einschätzung der die Länder beratenden Bundesbehörde bezieht sich auf die Begrenzung der Autobahn in Höhe der Unfallstelle am – linken, also gegenüberliegenden – Fahrbahnrand: ein niedriger Betonsockel mit oben eingelassenen Stahlstreben. Dies müsse aber nicht bedeuten, dass der Schutz schlechter sei, heißt es bei Behördenexperten. Man könne Berlin aber gern beraten, wenn es um die Prüfung gehen soll. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz hieß dazu, die in der Stadt verwendeten Planken, Dämpfer und Wände entsprächen den EU-Normen. Am rechten Rand des Autobahnabschnitts, an dem die Frau in die Tiefe stürzte, sei die Stützwand mit 1,15 Meter sogar höher als es die EU-Richtlinie vorsehe. Noch höher dürfe man eine Mauer gar nicht bauen.

Experten prüften den Fahrbahnbelag an der Unfallstelle - der ist in Ordnung

Experten haben laut Verwaltungssprecherin Petra Rohland sofort den Fahrbahnbelag geprüft, er sei aber griffig und in Ordnung. Wie berichtet, hatte ein 21-Jähriger auf der Fahrbahn vor der jungen Frau aus Lübeck aus bisher ungeklärter Ursache die Kontrolle über seinen BMW verloren. Das Auto berührte die Begrenzungsmauer und prallte dann gegen den Ford eines 58-Jährigen, den die Schutzmauer ebenfalls vor einem Sturz rettete. Beide blieben unverletzt – die Polizei ermittelt wegen Verursachung eines Verkehrsunfalls mit der Folge einer fahrlässigen Körperverletzung.

Der Smart der 22-Jährigen wurde "durch Schwung auf die Mauer gehoben"

Die 22-Jährige aber prallte laut Polizeibericht mit ihrem Kleinwagen „aus ungeklärter Ursache gegen die rechte Begrenzungsmauer“ – ihr Smart wurde „durch Schwung auf die Mauer gehoben“ und kippte dann in die Tiefe. Laut Feuerwehrexperten sei ihr Wagen wohl abgehoben, weil er vergleichsweise leicht sei. An derselben Stelle prallte auch am Sonntag ein Auto gegen die Mauer, womöglich war es Polizeifachleuten zufolge ein Vorfall infolge von Schaulust.

Das Tempolimit kann der Senat nicht so einfach auf 60 km/h reduzieren

Die Berliner Unfallkommission aus Polizei, Senatsverwaltung und Verkehrslenkung wird nun prüfen, ob an der Unfallstelle ein neuer Fahrbahnbelag oder eine polizeiliche Geschwindigkeitskontrolle der Sicherheit dienen würde. Man könne aber nicht plötzlich die Höchstgeschwindigkeit von 80 auf 60 herabsetzen, sagte Petra Rohland. Sonst könne die Klage eines Autofahrers, der schneller sein wolle, alles rückgängig machen. Der Verkehrsclub VCD appellierte, man solle 60 Stundenkilometer prüfen; Charlottenburg-Wilmersdorfs Stadtrat Marc Schulte (SPD) will mit Kleingärtnern und Senatsverkehrsexperten Kontakt aufnehmen.

Schon früher stürzten Berliner andernorts in die Tiefe - einige überlebten unverletzt

In Berlin war 1999 eine 20-jährige Autofahrerin in Lichtenberg von der Brücke Kynaststraße/Richtung Marktstraße vier Meter in die Tiefe gestürzt, nachdem sie Betonpoller gestreift und einen Jägerzaun durchbrochen hatte – sie überlebte im Suzuki Vitara unverletzt. Bei einem Unfall auf der Autobahnbrücke der Westtangente starb im Januar 1996 ein 31-jähriger Mann, als er auf die nach Norden führende Fahrbahn des Stadtrings gestürzt, ausgestiegen und von einem Lkw überrollt worden war.

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