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Berlin: Nach den Krawallen: Polizei steht in der Kritik

Beamte hätten unvorbereitet und zu spät reagiert. Der Präsident weist das zurück

Wieder brannten Mülltonnen in Friedrichshain. In der Nacht zu Sonntag waren es fünf – in der Krossener Straße und in der Liebigstraße. Zudem stand ein Dixi-Klo in Flammen. Doch diesmal war die Polizei schnell zur Stelle, die Beamten löschten die Feuer selbst. Im Gegensatz zur Vornacht: Da war es am Sonnabend früh zu einer Straßenschlacht gekommen, als 200 Aktivisten aus der linken Szene Barrikaden in der Rigaer Straße Ecke Liebigstraße in Brand setzten. Ein Auto ist komplett ausgebrannt. Nun steht die Polizei in der Kritik: Die Lage sei falsch eingeschätzt worden, die Polizei habe mit einer Stunde Verzögerung viel zu spät reagiert. Zudem seien die Beamten nach den Aktionsveranstaltungen der linken Szene am Wochenende viel zu früh wieder abgezogen worden.

Polizeipräsident Dieter Glietsch wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Es gab keinerlei Hinweise auf geplante Gewaltaktionen, die waren für niemanden vorhersehbar“, sagte er gestern dem Tagesspiegel. Deshalb sei die Kritik einiger „nicht genannter Polizeiführer nichts anderes als Besserwisserei von Leuten, die für nichts verantwortlich sind, aber hinterher alles ganz genau gewusst haben“. Seit Wochen war klar, dass die linke Szene rund um die Rigaer Straße ein „langes Wochenende“ mit Informationsveranstaltungen und zwei Demonstrationen am Sonnabend geplant hat. Auch die Polizei wusste davon. „Wir haben uns auf die Gefahrenanalyse der einzelnen Dienststellen verlassen. Da hieß es: Ausschreitungen sind nicht zu erwarten“, sagte ein Ermittler gestern. Deshalb seien die Beamten, die bei den Demonstrationen im Einsatz waren, erst einmal wieder abgezogen worden. „Dass das dann einige Zeit dauert, bis man die Kräfte der Bereitschaftspolizei wieder zusammengezogen hat, ist klar. Doch dafür hatten wir die Lage relativ schnell im Griff“, sagte ein Polizeisprecher. Um 1.52 Uhr habe die Polizei von dem ersten brennenden Müllcontainer erfahren, um 2.30Uhr hätten die erforderlichen Einsatzkräfte zur Verfügung gestanden. Rund 40 Minuten nach dem Beginn der Krawalle. Zeugen kritisieren, dass es etwa eine Stunde gedauert habe, bis die Polizei überhaupt einsatzbereit war.

Mit den Aktionen am „langen Wochenende“ wollte sich die linke Szene in der Rigaer Straße gegen die „Kommerzialisierung und Yuppiisierung des Kiezes“, wehren, sagen zwei Initiatoren der Kampagne „Rigaer fights back“. Die alternativen Wohnprojekte in mehreren ehemals besetzten Häusern in der Rigaer Straße und der Liebigstraße seien bedroht. „Es hat Eigentümerwechsel gegeben: Die wollen modernisieren, was bedeutet, dass wir mit unseren Projekten aus dem Kiez verdrängt werden sollen“, sagen die Sprecher der Kampagne. Doch eines hätten sie nicht gewollt: Dass sich durch die Krawalle die Anwohner nun gegen sie stellen. Das „lange Wochenende der Rigaer Straße“ endete gestern mit einem Brunch. Doch die Aktionen sollen weitergehen. Ob auch am 1. Mai, dazu wollten sich die Aktivisten gestern nicht äußern. Die Polizei jedoch sieht nach den Krawallen in Friedrichshain keinen Grund, das Einsatzkonzept zu ändern. Es sei in den vergangenen Jahren erfolgreich gewesen, „weil die Polizei präsent war und konsequent gegen Gewalt vorgegangen ist“, sagte Glietsch.

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