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Laut Hausverwaltung und Polizei hat es wegen des Spielplatzes an der Admiralstraße bislang keine Lärmbeschwerden gegeben.

© Kai-Uwe Heinrich

Nach der Prügelattacke: Der Spielplatz bleibt leer

Der Kreuzberger Spielplatz, auf dem ein Anwohner wegen Lärmbelästigung einen Kita-Betreuer verprügelt hatte, ist verwaist. Die Kinder sind schockiert, teilweise auch traumatisiert.

Kein Kind in Sicht. Der Elefantenspielplatz, der sich inmitten einer großen Neubauwohnanlage nahe dem Kottbusser Tor in Kreuzberg befindet, ist am Freitagmorgen verwaist. „Die Kinder trauen sich jetzt bestimmt nicht mehr her. Das ist schade, denn eigentlich müssten sie gerade jetzt kommen“, sagt ein junger Mann und spielt auf den Vorfall vom Vortag an.

Da hatte ein Mieter, der sich über den Lärm, den Kinder einer nahe gelegenen Kita auf dem Spielplatz gemacht haben sollen, so sehr aufgeregt, dass er am Ende einen Betreuer der Kinder verprügelte. Die Polizei ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den 39-Jährigen. Der nach Zeugenaussagen stark übergewichtige Komplize des Schlägers ist weiterhin nicht ermittelt. Beide hatten den Erzieher zu Boden geschlagen und mit Tritten malträtiert.

„Meine Tochter war bei dem Vorfall auch dabei. Sie geht in die Kitagruppe, deren Betreuer zusammengeschlagen wurde“, sagt der Vater. Die Vierjährige sei „ziemlich traumatisiert“, sagt er. „Wie die anderen Kinder, die das mit ansehen mussten, hat sie sehr geweint und viel darüber geredet, dass der Mann ihrem Betreuer so weh getan hat.“

Die Attacke kam offenbar aus dem Nichts. Ein Sprecher der zuständigen Wohnungsbaugesellschaft GSW beteuerte am Freitag, dass es bislang keine Beschwerden über den Spielplatz gab bei der Verwaltung. „Das ist hier ein Brennpunkt Berlins. Aber wir bieten schon einen Concierge und einen Wachschutz. Mehr geht nicht.“ Bei der örtlichen Polizei ist der Spielplatz zuvor ebenfalls nicht aufgefallen. Rein rechtlich könnten die Anwohner auch gar nichts gegen den Kinderspielplatz unternehmen. Denn Lärm von Kindern ist nach einer Gesetzesänderung 2009 hinzunehmen. Berlin war Vorreiter mit dieser Regelung.

Im Landesimmissionsschutzgesetz heißt es: „Störende Geräusche, die von Kindern ausgehen, sind grundsätzlich sozialadäquat und damit zumutbar.“ Dieter Blümmel vom Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine sagte, dass sein Verband bereits nach der Gesetzesänderung eine „Zunahme von handfesten Auseinandersetzungen“ prophezeit habe. Es könne nicht sein, dass „Kinder alles dürfen, und die anderen dürfen nichts“. Das Gesetz sei ein falsches Signal, Rücksichtnahme gehöre zur Erziehung, sagte Blümmel.

Bei Bolzplätzen, die von Jugendlichen benutzt werden, sieht es anders aus. Ihr Lärm fällt nicht unter den Kinder-Paragrafen. So musste der Bezirk Schöneberg gerade 200.000 Euro für einen neuen „lärmmindernden“ Zaun ausgeben. Zuvor war der Bolzplatz an der Landshuter Straße - umgeben von gutbürgerlichen Altbauten – nach Anwohnerprotesten gesperrt worden. Bei dem Ortstermin der Spielplatzkommission war auch eine Polizistin dabei. Der Spielplatz an der Kreuzberger Admiralstraße ist dagegen von großen 70er- Jahre-Blocks umgeben. Auf einer Seite des Innenhofs hängen Satellitenantennen wie Schutzschilder an den Balkonen. „Diese Wohnblocks gelten ja als eher problematisch von der Sozialstruktur her“, sagt der Vater und fügt noch hinzu, dass der Vorfall mit dem Kita-Betreuer sicherlich demnächst noch mal mit den Eltern besprochen werde.

Der 32-jährige Erzieher, der mit einem blauen Auge, Abschürfungen und Hämatomen am Oberkörper davongekommen war, ist bis auf Weiteres krankgeschrieben. „Wir können dazu nichts weiter sagen“, sagt eine seiner Kolleginnen. Der Schock und das Unverständnis darüber, wie ein Ausflug auf einen Spielplatz in einer derartigen Gewalttat ausarten konnte, sitzen noch tief. Eine Mitarbeiterin des Kita-Trägervereins „TEK e.V.“ sagt: „Die Kinder sind schockiert. Sie weinen viel. Wir haben eine Psychologin beauftragt, die sich jetzt kümmert.“ Der Kellner eines Dönerladens, der sich in unmittelbarer Nähe des Spielplatzes befindet, sagt, er fände es „schade, wenn die Kinder jetzt nicht mehr kommen, weil sie Angst haben“. Beschwerden von Anwohnern über den Spielplatz habe er bislang noch nicht gehört.

Das sagt auch der Concierge der Wohnanlage – ein älterer Mann, der in einem Glaskasten neben einer der Hofeinfahrten sitzt. „Als das passierte, war ich wohl bei den Garagen“, berichtet er. Die Mieter kämen aus vielen verschiedenen Ländern und seien häufig „nicht ganz einfach“. Vor allem, wenn auch mal Kritisches anzumerken sei. „Ist auch eine Frage der Mentalität“, sagt er. Doch über Kinderlärm habe sich noch kein Mieter beschwert.

Allerdings ist im Kiez von einigen Nachbarn zu hören, dass der mutmaßliche Schläger, Yussuf Ö., einer sei, „der öfter mal rumschreit, wenn ihm was nicht passt“.

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