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Nach der Tempelhof-Entscheidung: Grüne: „Neubau in Berlin reicht nicht“

Wie geht es weiter mit Berlins Stadtentwicklung nach der Tempelhof-Entscheidung? In unserem siebenten - und letzten - Beitrag zur Debatte, haben die Grünen-Politikerinnen Antje Kapek und Ramona Pop eine Idee, wie Wohnungen aus Gewerbe entstehen könnten.

Berlin wächst – und damit die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger. Sie wollen nicht mehr nur abnicken, sondern mitbestimmen, wie ihr Lebensumfeld in einer sich verdichtenden Stadt aussehen soll. Das musste Rot-Schwarz beim Volksentscheid zum Tempelhofer Feld bitter lernen. Die klare Absage an die Senatspläne hat aber auch gezeigt, dass SPD und CDU ein Vertrauensproblem haben: Wer traut ihnen noch Wohnungspolitik zu, die nicht nur auf Prestige und Luxus aus ist, sondern Wohnraum für Menschen mit kleinem Einkommen bereithält und, vor allem, neuen schafft? Neubau wäre einfach, reicht aber allein nicht aus. Ohne eine konsequente Bestandspolitik wird günstiger Wohnraum schneller verschwinden als neuer gebaut werden kann.

Bestehenden Wohnraum und Möglichkeiten, neuen zu schaffen, gibt es in Berlin reichlich. Dazu ist jedoch der politische Wille nötig, aktiv und kreativ zu gestalten, sowie die Bürgerinnen und Bürger von vornherein mitzunehmen. Beides hat der Senat beim Volksentscheid ignoriert – und ist entsprechend hart in der Wirklichkeit gelandet.

Fraktionschefinnen. Romona Pop leitet zusammen mit...
Fraktionschefinnen. Romona Pop leitet zusammen mit...

© Thilo Rückeis

Allein durch die Rückführung von Ferienwohnungen können bis zu 12 000 Wohnungen kurzfristig bereitstehen. Dazu müsste der Senat auf den Bestandsschutz bis zum Jahr 2016 verzichten und die Bezirke in die Lage versetzen, das Gesetz auch umzusetzen. Bezahlbarer Wohnraum geht zudem insbesondere in den Innenstadtbezirken durch die ungebremste Umwandlung von günstigen Miet- in teure Eigentumswohnungen verloren. Warum tut sich die Koalition angesichts dieser Tatsache so schwer damit, klare Richtlinien aufzustellen?

...Antje Kapek die Fraktion der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus.
...Antje Kapek die Fraktion der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus.

© Doris Spiekermann-Klaas

Wir wollen beim Neubau alle verfügbaren Instrumente einsetzen, um alle Menschen in unserer Stadt mit für sie bezahlbaren Wohnungen zu versorgen. Der vom Senat aufgelegte Neubaufonds hingegen ist mit jährlich 1000 geförderten Wohnungen ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist zu wenig: Wir wollen ihn auf mindestens 650 Millionen Euro aufstocken. Indem Investoren Baurecht schaffen, verdienen sie viel Geld durch die Wertsteigerung des Grundstücks. Wir wollen deshalb, dass Berlin diese mittels städtebaulicher Verträge auch für einen Anteil sozialen Wohnraums in die Pflicht nimmt. Alternativ könnte Berlin Investoren die für sozialen Wohnungsbau vorgesehenen Grundstücksteile abkaufen und den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften zur Verfügung stellen. München hat mit diesem Vorgehen gute Erfahrungen gemacht. So kann sozialer Wohnraum dauerhaft geschaffen werden.

Berlin verfügt über deutlich mehr Freiflächen als viele andere Metropolen. Nur fehlt eine Priorisierung für die Grundstücke, die zuerst für eine Bebauung infrage kommen. Gut an den Nahverkehr angebundene Grundstücke sollten beispielsweise Vorrang vor schlecht angebundenen Flächen am Stadtrand bekommen. Wenn das transparent dargestellt wird, können Konflikte wie beim Tempelhofer Feld vermieden werden. Großes Potenzial sehen wir auch bei der Umwandlung leer stehender Gewerbeflächen in Wohnraum – das birgt auch weniger Konflikte als bei Grünflächen oder Kleingärten.

Doch auch bei umstrittenen Flächen können gute Kompromisse gefunden werden, wenn alle Beteiligten einbezogen werden. Das Park-Range-Gebiet in Lichterfelde zeigt, wie gemeinsam mit Investoren eine Lösung gefunden werden kann, die Freizeit, Naturschutz und Wohnungsbau versöhnt. Bei so zentralen und hochwertigen Baugebieten wie der Europacity an der Heidestraße am Hauptbahnhof könnten sozial gemischte, lebendige Viertel entstehen – wenn der Senat den politischen Wille aufbrächte. Und dieser fehlt bislang leider völlig.

Antje Kapek, Ramona Pop

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