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Redebedarf. Spitzenkandidatin Renate Künast (rechts) will wie Volker Ratzmann (links) und Ramona Pop eine neue grüne Politik in der Stadt – das Wie ist allerdings noch zu klären.

© Davids/Sven Darmer

Nach der Wahl: Grünes Selbstbewusstsein

Mit 30 Mandaten ziehen die Grünen wieder ins Abgeordnetenhaus. Jetzt geht es nur noch um ein Ziel: Mitregieren.

Von Sabine Beikler

Die Grünen haben mit 17,6 Prozent ihr bisher bestes Wahlergebnis in Berlin erhalten. Die Partei hat 30 Mandate gewonnen – sieben mehr als bisher. Einen Tag nach der Wahl präsentierten sich Renate Künast sowie die Fraktions- und Parteispitze am Montag sehr selbstbewusst. „Wir freuen uns über das Rekordergebnis“, sagte Künast, „dass Rot-Rot abgewählt ist und es zu erfolgreichen rot-grünen Koalitionsverhandlungen kommen kann“. Man hätte gerne ein besseres Ergebnis erreicht. „Das analysieren wir in Ruhe, woran das lag“, sagte Künast.

Der Wahlkampf sei „nicht einfach“ zu führen gewesen, sagte sie. Warum das Ergebnis aber trotzdem weit hinter ihrem Wahlziel zurückliegt, als stärkste Partei und  Regierende Bürgermeisterin die SPD und Klaus Wowereit abzulösen, ließ Künast offen. Ihr Vertrauter, Fraktionschef Volker Ratzmann, unterstrich, dass die Grünen noch nicht oft Wahlkämpfe „mit großen Zielen“ geführt hätten. Selbst „die befreundete Konkurrenz“ sei schärfer mit uns umgegangen, richtete er die Worte an die SPD und Wowereit.

Dennoch ist auf Bundesebene Kritik über das Abschneiden der Berliner Grünen zu hören. „Wir haben deutlich nachzubessern“, sagte Parteichefin Claudia Roth. Die Grünen müssten als Programmpartei ihre Inhalte besser rüberbringen. Gelingt es Künast, ein rot-grünes Bündnis in Berlin mit erkennbar grünen Schwerpunkten in den Bereichen Bildung, Mieten, Klimaschutz zu schmieden, kehrt sie auf jeden Fall gestärkter in die Bundespolitik zurück als zum jetzigen Zeitpunkt.

Eine „neue Politik in der Stadt“ wollen die Grünen gestalten. „Und darüber wollen wir reden, wie wir das umsetzen“, sagte Ratzmann. Zukunftsorientiert soll diese neue Politik sein. „Wowereit muss sich überlegen, ob er mit uns das will, oder ob er mit der CDU in die 90er Jahre zurückkehren will und die Stadt zubetonieren will.“

Warum die Partei Wählerstimmen an die Piraten verloren hat, will sie ebenfalls noch analysieren. Die Piraten hätten Nichtwähler und „viele Wähler aus dem linken Lager“ erhalten, sagte Ratzmann. Künast sagte, das Wahlergebnis der Piraten verdiene Respekt. Woran der Zuwachs liegen könnte, sei möglicherweise einem „spezifischen Piratenlebensgefühl“ geschuldet. Mit den Grünen dagegen könne man nicht nur „Abenteuergefühl“ verbinden, sondern auch Visionen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland hat für den Wahlerfolg der Piraten eine andere Erklärung: „Die Piraten kamen frech und unangepasst daher, wir zu bieder“, sagte er im Tagesspiegel.

Der 30-köpfigen Grünen-Fraktion gehören rund ein Dutzend neu gewählte Parlamentarier an. An dem Proporz zwischen den Realpolitikern und den Parteilinken wird sich in dieser Legislaturperiode nichts ändern. Ein Drittel zählt zu den Linken, zwei Drittel zu den Pragmatikern. Dass mit einer rot-grünen Mehrheit von nur einer Stimme Flügelkämpfe ausgefochten werden könnten, glauben die Realos nicht. „Gäbe es eine größere Mehrheit, wäre das für die Fraktionsdisziplin nicht dienlicher“, sagte ein langjähriges Fraktionsmitglied.

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