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Berlin: Nach der Zitterpartie kreischten die Sägen

Protest und Klage vor Gericht nutzten nichts: In Frohnau wurden 53 Bäume für ein Regenbecken gefällt

Nur für wenige Stunden haben rund 50 Frohnauer Bürger gestern die Fällung von 53 bis zu 100 Jahre alten Bäumen in einer geschützten Grünanlage verhindern können. Gegen 13 Uhr wies das Verwaltungsgericht den Eilantrag eines Anliegers des Edelhofdammes, die Fällarbeiten zu stoppen, ab. Ab 14 Uhr kreischten die Kettensägen. Grund für die Fällungen ist, wie berichtet, der Bau eines zusätzlichen Regenwasserauffangbeckens auf dem breiten Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen. Es soll entstehen, weil die Kapazität des vorhandenen Beckens bei starkem Regen nicht ausreicht. Dann wird die Straße überflutet, kann das Wasser im Extremfall auch in Garagen und Kellerwohnungen einiger besonders tief liegender Häuser laufen.

Die Mehrzahl der Anlieger sieht die Fällaktion in der vom Gartenarchitekten Ludwig Lesser gestalteten Gartenstadt nicht ein. Man hat sich mit dem gelegentlichen Hochwasser vor der Haustür arrangiert. „Ich habe zwei Sandsäcke“, sagt Jürgen Pruess. Professor Hans-Peter Lühr, ein ehemaliger Abteilungsleiter des Umweltbundesamtes, sieht kostengünstigere Entwässerungsmöglichkeiten als den Bau des 1,8 Millionen Euro teuren Beckens samt Kanalisation.

Als man dort vor einigen Jahren unter Wasser stand, war allerdings nach einem schweren Unwetter halb Berlin überflutet, sagt Ines Krüger, die in einem der drei betroffenen Häuser wohnt. Danach ist das Regenwasser nur noch bis an die Garagentür geschwappt. Ihre Nachbarin wohnt seit drei Jahren in dem Gebäude und hat noch keine Überschwemmung erlebt. „Uns geht es einzig und alleine darum, dass unser Problem gelöst wird“, sagt Ines Krüger. Man wäre auch mit Alternativen einverstanden. Die hat das Bezirksamt aber nach Rücksprache mit den Wasserbetrieben verworfen. Lediglich der Standort des Beckens wurde um ein paar Meter verschoben, um nicht noch mehr Bäume fällen zu müssen. Statt 62, müssen nur noch 53 Kiefern, Buchen und Pappeln fallen.

Gestern früh rückte die Fällkolonne eines Gartenbaubetriebes an. Inzwischen hatte Anwohner Hans-Jürgen Thiedig beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die vom Grünflächenamt erteilte Fällerlaubnis beantragt. Die Richterin hatte das Bezirksamt daraufhin gebeten, den Vollzug bis zu einer Entscheidung auszusetzen. Es begann eine mehrstündige Zitterpartie. Auch eine Gruppe aus dem Evangelischen Kindergarten erschien mit Plakaten „Wir wollen unsere Bäume behalten“ in dem Wäldchen.

Doch der Protest nützte nichts. Das Verwaltungsgericht entschied nicht in der Sache, sondern befand, dass die Anlieger nicht klageberechtigt sind. Amtsleiter Rüdiger Zech verkündete den Beschluss. Arbeiter sperrten das Wäldchen mit rot-weißem Flatterband ab. Nach Aufforderung durch die Polizei verließen die Demonstranten friedlich, aber fassungslos das Gelände. Wenig später fiel der erste Baum.

Rainer W. During

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