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Im Berliner Verfahren geht es um eine inzwischen über 80 Jahre alte Seniorin.

© TSP/ Doris Spiekermann-Klaas

Nach umstrittener Eigenbedarfskündigung: BGH will Urteil im Mai verkünden

Eine Familie will eine an Demenz erkrankte Seniorin aus der Wohnung klagen, um selbst einzuziehen. Der Fall beschäftigt nun das BGH.

Von Sabine Beikler

In zwei Verfahren zu Eigenbedarfskündigungen ist heute nicht mehr mit einer Urteilsverkündung zu rechnen. Eine Sprecherin des Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe sagte dem Tagesspiegel, der Verkündungstermin sei in beiden Fällen auf den 22. Mai angesetzt. In beiden Fällen hat sich der VIII. Zivilsenat des BGH mit den Voraussetzungen der sogenannten Sozialklausel befasst.

Im „Berliner“ Verfahren geht es um eine inzwischen über 80 Jahre alte, an Demenz erkrankte Seniorin, die gemeinsam mit ihren erwachsenen Söhnen eine etwa 73 qm großen Dreizimmerwohnung in Berlin bewohnt. Die Seniorin lebt bereits seit 1974 in dieser Wohnung.

Im Jahr 2015 kaufte der Kläger, der bislang mit seiner Ehefrau und seinen Kindern (inzwischen zwei und vier Jahre alt) ebenfalls zur Miete in einer 57 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung lebt, die Wohnung der Seniorin und erklärte kurze Zeit später die Kündigung des Mietverhältnisses, da er diese Wohnung nunmehr mit seiner Familie selbst nutzen wolle. Langfristig sei geplant, diese Wohnung mit der benachbarten Wohnung (zirka 65 qm) zu verbinden, die der Kläger ebenfalls erworben, und bei der er das dort bestehende Mietverhältnis auch bereits gekündigt hat.

Die Vorinstanzen hatten die Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) des Klägers für wirksam erachtet. Das Berufungsgericht hat aber - anders als noch das Amtsgericht - die auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage gleichwohl abgewiesen.

Es ist auf einen entsprechenden Widerspruch der Beklagten zu 1 vom Vorliegen eines Härtefalls im Sinne von § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen und hat bestimmt, dass das Mietverhältnis der Parteien auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werde (§ 574a Abs. 2 Satz 2 BGB). Berücksichtigt werden müsse das hohe Alter, die attestierte Demenzerkrankung sowie ihre mit der langen Mietdauer einhergehende Verwurzelung sowie die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von bezahlbarem Ersatzwohnraum in Berlin.

Zweites Verfahren zu Doppelhaushälfte in Sachsen-Anhalt

Demgegenüber steht das Interesse des Eigentümers. Zu seinen Lasten sagten die Gerichte zuvor, dass der Eigenbedarf bereits beim Kauf der Wohnung absehbar gewesen sei und er zudem von vornherein mit dem Einwand von Härtegründen bei einer Kündigung habe rechnen müssen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Räumungs- und Herausgabebegehren weiter. 

In dem zweiten Verfahren geht es um Beklagte, die seit 2006 Mieter einer Doppelhaushälfte in Kabelsketal (Sachsen-Anhalt) sind. Sie wohnen dort mit einem volljährigen Sohn und einem Bruder. Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit der Begründung, die Klägerin wolle mit ihrem Lebensgefährten in die Doppelhaushälfte einziehen, um ihre pflegebedürftige Großmutter, die in der Nähe des Anwesens wohne, besser unterstützen zu können. Die Beklagten widersprachen der Kündigung.

Zum einen hätten die Kläger den Eigenbedarf nur vorgeschoben; Grund der Kündigung seien vielmehr Streitigkeiten über von den Beklagten gerügte Mängel der Wohnung. Zum anderen sei ihnen ein Umzug aufgrund der schweren Erkrankungen der Beklagten nicht zumutbar.

Auch in diesem Verfahren haben die Vorinstanzen die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) für gegeben erachtet. Dass inzwischen die Großmutter verstorben war, ist für das Gericht unbeachtlich, da die Kündigung rechtmäßig ausgesprochen wurde. 

Weiterhin könnten die Beklagten auch nicht die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, da sich aus den von ihnen zur Begründung herangezogenen ärztlichen Attesten nicht ergebe, dass der Umzug für diese aus medizinischer oder psychologischer Sicht unzumutbar sei und insbesondere zu einer drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigung oder Lebensgefahr führe. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

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