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Da blüht der Politik was. Am Roten Rathaus trafen sich Bewohner der BER-Einflugschneisen, um gegen Lärm zu protestieren. Außerdem sammelten sie Unterschriften zum Volksbegehren für das Flugverbot, das zwischen 22 und 6 Uhr gelten soll. Foto: dpa/Britta Pedersen

© dpa

Nach Flughafen-Debakel: Untersuchungsausschuss? Die Opposition zögert

Aufklärungsbedarf gibt es reichlich, schließlich wird das Flughafendebakel die Steuerzahler hunderte Millionen Euro kosten. Doch mit der Einrichtung von Untersuchungsausschüssen tun sich die Parlamentarier in Berliner und Brandenburg schwer.

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Um die komplexe Materie des Großprojekts zu durchdringen, brauchen die Abgeordneten Zeit, hinzu kommt, dass die Folgen der Termin-Verschiebung am BER insbesondere, was die Kosten angeht, unübersehbar sind.

Das Chaos um die BER-Verschiebung in Bildern:

„Wir nehmen erst einmal Akteneinsicht und klären den Sachstand, soweit das möglich ist“, sagt der Haushaltsexperte der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Jochen Esser. „Dann schauen wir, ob das ausreicht und wie es weitergeht.“ Auch die Linksfraktion will vorerst „alle Möglichkeiten ausschöpfen, die die Offenlegung der Akten bietet“, sagt deren Sprecherin Kati Seefeld. Auch die Piraten beließen es bisher bei der Androhung eines Untersuchungsausschusses. Alle drei Oppositionsfraktionen in Berlin wollen ihr weiteres Vorgehen miteinander absprechen. Ähnlich ist die Zurückhaltung der Oppositionsparteien CDU, FDP und Grüne, Potsdamer Landtag.

In beiden Parlamenten hat man nun erst einmal Gelegenheit, die vertraulichen Unterlagen der Flughafengesellschaft und dessen Aufsichtsgremien einzusehen. Senatskanzlei-Chef Björn Böhning bot allen Berliner Parlamentariern in einem Brief an, im Roten Rathaus in Protokolle und andere Papiere Einsicht zu nehmen, sie müssen allerdings unterschreiben, dass sie die Vertraulichkeit der Informationen wahren. In Brandenburgs Landtag wird dafür jetzt extra ein Lesezimmer eingerichtet.

3000 BER-Gegner demonstrieren vor dem Roten Rathaus:

Dass die Opposition in beiden Ländern zögert, wenn es um die Einrichtung eines BER-Untersuchungsausschusses geht, hat mehrere plausible Gründe. Ein solches Gremium bindet erfahrungsgemäß viele personelle Kapazitäten. In Brandenburgs Parlament etwa stöhnen die Fraktionen bereits jetzt wegen der Belastungen durch bestehende Sondergremien: Hier arbeiten neben den regulären Ausschüssen ein Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Affäre um den Verkauf der ehemaligen Krampnitz-Kasernen, hinzu kommen zwei Enquete-Kommissionen, eine zum Umgang mit der DDR-Diktatur, eine weitere zur Vorbereitung einer Kommunal- und Verwaltungsreform. Eine solche Häufung ist in der Geschichte des Brandenburger Parlaments bisher einmalig.

Untersuchungsausschuss wäre erst im Herbst arbeitsfähig

Selbst Brandenburgs Grüne, die bisher an keiner Landesregierung beteiligt waren und deshalb keine Rücksichten nehmen müssten, halten von einem BER-Untersuchungsausschuss derzeit nichts. Zudem, fürchtet Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, könnte die parlamentarische Aufarbeitung die notwendige Aufklärung sogar eher verzögern und „es der Regierung ermöglichen, auf Zeit zu spielen“. Ähnlich sieht es die CDU, wie der parlamentarische Geschäftsführer Ingo Senftleben sagt: Manchmal beschleiche ihn das Gefühl, als ob eher die Regierung ein Interesse an einem Untersuchungsausschuss habe. Für die CDU stehe dies „momentan“ nicht zu Debatte.

Tatsächlich wäre ein solcher Ausschuss wohl erst nach der Sommerpause, wahrscheinlich sogar erst im Herbst arbeitsfähig. Ein Abschlussbericht würde frühestens nach einem Jahr vorliegen, dann ist der Flughafen BER voraussichtlich schon in Betrieb und das Interesse der Öffentlichkeit an den Ursachen der Eröffnungspleite und der Kostenexplosion möglicherweise nicht mehr besonders groß.

Zudem wäre es geboten, die Aktivitäten zur Aufklärung der Flughafenpannen im Abgeordnetenhaus, dem Landtag Brandenburgs und im Bundestag zu koordinieren. Eigentlich müsste es parallel drei Untersuchungsaussschüsse geben, was ein Novum in der Bundesrepublik wäre. Nicht zuletzt wegen der divergierenden Interessenlagen der Parteien (CDU, SPD und Linke sind in den drei Parlamenten entweder an der Regierung beteiligt oder in der Opposition) wäre dies ein schwieriges Unterfangen. Es dürfte kaum möglich sein, in Untersuchungsberichten zu einer klaren, einheitlichen Einschätzung der Ursachen des Desasters und der politischen, unternehmerischen und personellen Konsequenzen zu kommen.

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