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Berlin: Nach Mompers Panne wird Verfassung geändert

Wahlchaos wie bei Wowereit künftig unmöglich

Das, was am 23. November 2006 passierte, soll sich nicht noch einmal wiederholen. Mit einer Verfassungsänderung wollen alle Parteien im Abgeordnetenhaus das Wahlverfahren für den Regierenden Bürgermeister ändern und Missverständnisse wie beim letzten Mal ausschließen. Künftig soll für die Wahl des Berliner Regierungschefs die so genannte Kanzlermehrheit erforderlich sein, also eine absolute Mehrheit aller Abgeordneten. Das sieht eine Verfassungsänderung vor, die die Geschäftsführer und die Vorsitzenden der fünf Fraktionen im Parlament derzeit beraten – und nach Einschätzung aller Beteiligten demnächst verabschieden wollen, wenn die letzten juristischen Feinheiten geklärt wurden.

Auslöser des Vorhabens ist die Wiederwahl Wowereits vor knapp fünf Monaten. Damals hatte Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) im Abgeordnetenhaus nach dem ersten Wahlgang erklärt, sein Parteifreund Klaus Wowereit sei mit 74 Stimmen wieder zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden. Erst danach stellte sich heraus, dass dies nicht stimmte und Wowereit nicht die laut Landesverfassung notwendige „Mehrheit der abgegebenen Stimmen“ bekommen hatte, da zwei Enthaltungen nicht korrekt mitgezählt worden waren. Es gab einen Eklat, erst im zweiten Durchlauf bekam Wowereit die bei 149 anwesenden Abgeordneten nötige Mehrheit von 75 Stimmen.

Um für die Zukunft derartige Missverständnisse auszuschließen und um die Mehrheit für den Regierenden Bürgermeister generell eindeutiger zu machen, arbeiten die Oppositionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP und die Regierungsfraktionen von SPD und Linkspartei/PDS jetzt an einer Neufassung des Artikels 56 der Landesverfassung, der das Wahlverfahren vorschreibt.

Die Initiative war nach der Wahl von der Opposition ausgegangen. Da für eine Verfassung aber eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig ist, ziehen jetzt alle Parteien an einem Strang. Umstritten sind lediglich noch nachgeordnete Fragen. So gibt es unterschiedliche Meinungen, ab wann im Falle mehrerer erforderlicher Wahlgänge nicht mehr die absolute Mehrheit nötig ist, sondern im Interesse einer pragmatischen Regierungsbildung die einfache Mehrheit ausreicht. Opposition und Regierung sind aber zuversichtlich, dass man eine Lösung findet und entweder im zweiten oder dritten Wahlgang von absoluter auf relative Mehrheit umschaltet. Eine weitere noch nicht endgültig geklärte Frage ist, wie eine missverständlich formulierte Gesetzeslücke zum Misstrauensvotum geschlossen wird.

Mit der Reform folgt Berlin den anderen Bundesländern, in denen fast durchgehend der Regierungschef mit absoluter Mehrheit gewählt wird. Auch sind sich die Parteien einig, dass die Wahl des Regierenden Bürgermeisters in Berlin in letzter Zeit noch an Bedeutung gewonnen hat, weil der Regierungschef nach einer Verfassungsänderung vom Mai 2006 in seiner Bedeutung gestärkt worden war. Er ist nun das einzige Mitglied der Berliner Landesregierung, das vom Parlament gewählt wird und dann die übrigen Senatsmitglieder ernennt. Bei so einer wichtigen Wahl darf es keine Unklarheiten geben, heißt es übereinstimmend bei Opposition und Regierung. In der kommenden Woche wollen sich die Geschäftsführer aller Fraktionen erneut zusammensetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Bis zur Sommerpause im Juli, so der Zeitplan, soll die Verfassungsänderung vom Parlament beschlossen worden sein.

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